(15.08.2022) Das deutsche Team war mit gleich drei vielversprechenden Medaillenchancen in den fünften Finalabschnitt der Europameisterschaften in Rom gestartet und einmal klappte es: Über die 50m Rücken der Männer zeigte Ole Braunschweig in 24,68 Sekunden eine herausragende Leistung, für die der Berliner mit Bronze und damit seiner ersten Medaille bei internationalen Meisterschaften belohnt wurde.
Da spielte es keine Rolle, war dass der nationale Rekordhalter seine Bestzeit um eine Zehntel verfehlte. Für das deutsche Team bedeutete der Erfolg von Braunschweig das vierte Edelmetall bei diesen Meisterschaften.
"Gottseidank, endlich mal wieder eine Sprintermedaille. Es ist einfach unbeschreiblich, ich freue mich des Todes", jubelte der 24-Jährige nach dem Rennen. "Ich habe nicht viel nachgedacht, weil mein Trainer (Lasse Frank, Anm. d. Red.) meinte: ,Mach es einfach, wie du es im Training auch machst. Einfach Vollgas, und wenn es in die Leine geht, geht’s in die Leine und wenn nicht, dann nicht.'" Der Plan ging auf. Statt in die Leine ging es unter dem Himmel Roms für Braunschweig aufs Podest.
Zum Europameister krönte sich der auf Bahn 4 ins Rennen gegangen Grieche Apostolos Christou (24,36), der dem Lokalmatadoren Thomas Ceccon (24,40) Gold um gerade einmal vier Hundertstel vor der Nase wegschnappte. Ceccon hatte vor wenigen Tagen die 50m Schmetterling zu seinem Gunsten entscheiden können.
Auch im Finale über die 100m Schmetterling der Damen hatte das deutsche Team im Vorfeld mit dem Gewinn einer Medaille geliebäugelt, denn Angelina Köhler hatte sich über ihre Paradestrecke mit der drittschnellsten Zeit für den Endlauf qualifiziert. In 57,90 Sekunden schwamm die 21-jährige eine wirklich starke Zeit, die am Ende jedoch nur für den undankbaren vierten Platz reichte. Selbst der deutsche Rekord von 57,70 Sekunden, dem sich die ebenfalls in Berlin trainierende Schmetterlingsspezialistin in den letzten Jahren Schritt für Schritt genähert hat, hätte am heutigen Tag nicht für den Gewinn von Edelmetall gereicht. In einem packenden Duell an der Spitze setzte sich die Schwedin Louise Hansson (56,66) im Anschlag knapp gegenüber Marie Wattel (56,80) aus Frankreich durch und kürte sich erstmals in ihrer Karriere zur Europameisterin. Auf den Bronzerang schmetterte die erst 16-jährige Lana Pudar aus Bosnien-Herzegowina, die in 57,27 Sekunden gleichzeitig einen neuen Landesrekord aufstellte.
Die absolute Glanzleistung des Abends zeigte wieder einmal das rumänische Toptalent David Popovici. Nachdem der erst 17-Jährige in Rom bereits mit einem sensationellen Weltrekord über die 100m Freistil beeindrucken konnte, wurde heute erwartet, dass der junge Rumäne auch die internationale Bestmarke von Paul Biedermann (1:42,00) über die doppelte Distanz angreifen könnte. Zwar verpasste Popovici in 1:42,97 Minuten die erneute Sensation, stellte aber mit dieser Fabelzeit einen neuen Juniorenweltrekord auf und blieb als erst dritter Schwimmer überhaupt unter der Marke von 1:43 Minuten. Damit ließ der frisch gebackene Europameister der Konkurrenz nicht den Hauch einer Chance. Er dominierte das Rennen mit einem unglaublichen Vorsprung von 2,63 Sekunden.
Den Vizetitel schnappte sich Antonio Djakovic aus der Schweiz mit einer Zeit von 1:45,60 Minuten. Das Podium komplettierte der Österreicher Felix Auböck, der in 1:45,89 Minuten am drittschnellsten durch das Wettkampfbecken von Rom kraulte. Für den deutschen Hoffnungsträger Lukas Märtens sprang in dem hochkarätigen Starterfeld am Ende in 1:46,80 Minuten der siebte Platz heraus. Der Silbermedaillengewinner über die 800m Freistil ging das Rennen mutig an, lag zwischenzeitlich sogar auf dem Bronzerang, musste dann jedoch auf der letzten Bahn von Djakovic, Auböck und Co. abreißen lassen. Am letzten Wettkampftag winkt für den Magdeburger, der in Rom ein wirklich straffes Wettkampfprogramm absolviert, aber möglicherweise eine weitere Medaillenchance über die 400m Freistil. Er tritt als amtierender Vizeweltmeister an.
Ähnlich souverän wie David Popovici entschied Simona Quadarella die 1500m Freistil der Damen für sich. Auch sie war im Vorfeld als haushohe Favoritin gehandelt worden und wurde dieser Rolle mit einem unangefochtenen Start-Ziel-Sieg mehr als gerecht. In 15:54,15 Minuten unterbot die Italienerin als einzige Schwimmerin die Marke von 16 Minuten, die eine 100m-Durchschnittszeit von 1:04 Minuten bedeutet. Quadarellas Teamkollegin Martina Caramignoli (16:12,39) sammelte als Drittplatzierte weiteres Edelmetall für die Gastgebernation. Den italienischen Doppelsieg verhinderte eine junge Ungarin. In 16:02,15 Minuten schwamm Viktoria Mihalyvari Farkas auf den Silberrang. Der Sprung unter die Top Acht war in den Vorläufen keiner deutschen Starterin gelungen.
Im Finale der 200m Brust der Frauen, das nach dem Ausscheiden von Bente Fischer im Halbfinale ebenfalls ohne deutsche Beteiligung stattfand, ging der EM-Titel in die Schweiz. Lisa Mamie, die bereits bei den letzten Europameisterschaften über diese Strecke auf dem Podium gestanden hatte, war in 2:23,27 Minuten nicht zu schlagen. Das nächste Edelmetall für Italien erkämpfte sich Martina Carraro, die in 2:23,64 Minuten die zweitbeste Leistung zeigte. Den dritten Platz auf dem Treppchen sicherte sich Kotryna Teterevkova (2:24,16) aus Litauen, die das Rennen bis zur letzten Wende noch souverän angeführt hatte.
Zum Abschluss des Wettkampfabschnittes stand traditionell eine Staffel auf dem Programm. Über die von je zwei Frauen und zwei Männern bestrittene 4x100m Freistil Staffel entwickelte sich ein Vierkampf um die Medaillen, bei dem das italienische Team überraschend leer ausging. Das Quartett aus Frankreich um Maxime Grousset, Charles Rihoux, Charlotte Bonnet und Marie Wattel präsentierte sich in 3:22,80 Minuten am Stärksten. Die Staffel aus Großbritannien (3:23,30) durfte über Silber jubeln, welches sie mit einem Vorsprung von hauchdünnen zehn Hundertstelsekunden vor Schweden ins Ziel bringen konnten.
Deutschlands Medaillenausbeute ist nach dem heutigen Tag nun also auf zwei Silber- und zwei Bronzeplaketten angewachsen. Und auch in den morgigen Rennen stehen die Chancen nicht schlecht, dass sich diese Sammlung noch vergrößert. Besonders erwartungsvoll wird dabei auf die 1500m von Florian Wellbrock aber auch die 50m Brust von Lucas Matzerath geschaut, der im Halbfinale eine souveräne Vorstellung zeigte.
Die Zusammenfassung der heutigen Halbfinals gibt es hier: EM 2022: Lucas Matzerath weckt Hoffnungen über 50m Brust
Die wichtigsten Links zur Schwimm-EM 2022: