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Olympische Spiele! Vier Jahre lang arbeiten die Sport-Asse der Welt auf dieses Highlight hin, um dann auf den Punkt ihre Top-Leistungen abliefern zu können. Bei den Schwimm-Wettkämpfen in Paris jedoch bleiben bisher überraschend viele Stars zum Teil deutlich über ihren Vorleistungen. Ein Faktor, der dabei wohl eine Rolle spielt: Das Olympiabecken in der Paris La Défense Arena.

Schon direkt nach dem ersten Training im 50m-Pool, auf den in diesen Tagen Millionen Schwimmfan rund um den Globus blicken, gab es die ersten Diskussionen. Der Grund: Das Becken ist äußerst flach. Die Tiefe liegt mit 2,15m nur knapp über dem vom Weltverband vorgeschriebenen Mindestmaß von 2,00m. Ideal wären etwa drei Meter, so wie es zum Beispiel im Becken der Berliner Schwimmhalle im Europasportpark, dem Austragungsort der Deutschen Meisterschaften, der Fall ist.

Für Laien klingt das erstmal nach keinem großen Problem, alles ist ja nach Vorschrift. Doch beim Schwimmen macht sich dieser Unterschied der Beckentiefe bemerkbar. "Es gibt dadurch sehr viele Verwirbelungen", erklärt Bundestrainer Bernd Berkhahn mit Blick auf die Beckenproblematik. "Das macht es für die Schwimmer nicht einfach und das bringt auch keine guten Zeiten."

Bei einem tieferen Becken würden die von den Athleten erzeugten Wellen weniger stark vom Beckenboden reflektiert. Die Tiefe würde sie quasi "schlucken" und damit wäre das Becken ruhiger. Top-Bedingungen, wie es sie zum Beispiel in Berlin oder bei den meisten Weltmeisterschaften gibt, nun aber ausgrechnet bei Olympia nicht. "Das ist schon schade und das wussten wir vorher auch nicht", so Bernd Berkhahn. Zahlreiche Kameras und Bildschirme am Beckenboden verstärken die Problematik.

Zwar seien die Bedingungen für alle gleich, doch die Bewertung der geschwommenen Zeiten wird durch die Gegebenheiten in Paris nicht einfach, so Berkhahn. "Die Sportler sehen im Training, was sie für Ergebnisse haben, schwimmen damit Top-Zeiten bei der Olympia-Qualifikation. Dann macht man die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele und die Qualität im Training ist sogar noch höher - aber am Ende steht da eine schlechtere Zeit", erläutert der Coach von Olympiasieger Lukas Märtens. "Das ist schwierig, das macht keinen Spaß."

Märtens war auf dem Weg zu Olympiagold am Samstag klar über dem 400m-Weltrekord geblieben, an den er bei den Deutschen Meisterschaften noch bis auf Sekundenbruchteile herangekommen war - jedoch auch durch eine andere Renneinteilung, wie Berkhahn klar stellt. Auch die Teams aus den USA und vor allem Australien hatten sich über die eine oder andere Strecke schnellere Zeiten ausgerechnet. Ähnliche Stimmen wie die von Berkhahn gab es mit Blick auf die Beckenproblematik auch von anderen Nationen zu hören.

Umso stärker sei es zu bewerten, dass wir heute und gestern mehrere Deutsche Rekorde gesehen hätten, so Berkhahn. Neben Isabel Gose (400m Freistil) und Cedric Büssing (400m Lagen) stellten auch die Herren der 4x100m Freistilstaffel über diese ohnehin wellenreiche Strecke einen neuen Deutschen Rekord und auch persönliche Bestmarken auf. "Diejenigen, die hier Bestzeiten schwimmen, denen ist das unglaublich hoch anzurechnen. In einem anderen Becken wäre das wahrscheinlich noch schneller gewesen", lobt der Bundestrainer.

Dass man ausgerechnet bei den Olympischen Spielen keine optimalen Bedingungen für Rekordleistungen schafft, ist der Wettkampfhalle geschuldet. Die Paris La Défense Arena ist eigentlich ein überdachbares Rugby-Stadion. Für Olympia wurden hier ein mobiles Wettkampfbecken sowie ein Einschwimmbecken hineingebaut. Da man ins normale Spielfeld nicht einfach in Loch buddeln kann, wurde das Schwimmbecken drauf gesetzt. Ein Meter mehr Tiefe würde also bedeuten, man müsse auch das Pooldeck einen Meter höher ansetzen. Das würde unter anderem zu Lasten der Zuschauerkapazitäten gehen. 

Im deutschen Team geht man pragmatisch mit der Situation um, die sich schließlich nicht ändern lässt. "Wir sagen klar: Es geht hier um Platzierungen, nicht um Zeiten." Und wenn die Platzierungen stimmen, fragt am Ende der Spiele wohl auch niemand mehr, ob das Becken nun zwei oder drei Meter tief war.

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