Videotipp

(19.07.2024) In genau einer Woche werden die Olympischen Spiele in Paris eröffnet! Auch die deutschen Schwimmer wollen in Frankreichs Hauptstadt für Glanzmomente sorgen und haben durchaus einige heiße Eisen im Feuer. Wir blicken auf die Medaillenchancen der deutschen Herren bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris:

Der Vielstarter: Lukas Märtens

Schon am ersten Tag der Schwimmwettbewerbe wird es aus deutscher Sicht spannend: Über die 400m Freistil greift Lukas Märtens nach einer olympischen Medaille. Bei den zurückliegenden drei Weltmeisterschaften stand der Magdeburger über diese Strecke stets auf dem Podest, ist also fester Teil der Weltspitze. Für internationale Schlagzeilen sorgte zudem seine Leistung von 3:40,33 Minuten mit der Märtens bei den Deutschen Meisterschaften im April bis auf 26 Hundertstel an den Weltrekord von Paul Biedermann herankam. Keiner seiner Konkurrenten in Paris war jemals so schnell. Doch einige haben durchaus Potenzial, Märtens einen Strich durch die Rechnung zu machen. Die beiden Australier Sam Short und Elijah Winnington schwammen 2024 bereits 3:41er Zeiten und auch der Koreaner Kim Woomin steht weit oben auf dem Zettel der Medaillenkandidaten. Auch Österreichs Schwimmstar Felix Auböck möchte in Paris nach Edelmetall greifen. Ein Selbstläufer wird es also nicht für Märtens, der bisher immer auf der internationalen Bühne seine Leistungen abrufen konnte, doch nach den starken Vorleistungen kann der 22-Jährige mit starkem Selbstbewusstsein zu seinen zweiten Olympischen Spielen reisen. Einer wird in Paris in jedem Fall fehlen: Der tunesische Titelverteidiger Ahmed Hafnaoui ist nicht gemeldet.

Spannend wird auch Märtens' Auftritt über die 200m Freistil. Hier ist das Feld deutlich enger als über die 400m-Strecke. An der Spitze der Favoritenliste rangiert der Rumäne David Popovici, der in 1:43,13 Minuten in diesem Jahr eine satte Sekunde schneller war, als der Rest der Konkurrenz. Auch er hat einen Weltrekord von Paul Biedermann im Blick: Bei 1:42,00 Minuten steht die magische Bestmarke. Doch schon direkt hinter Popovici folgt in der Weltrangliste 2024 Lukas Märtens, der eine Riege von einem halben Dutzend 1:44er Schwimmer anführt und auch aus dem Kreis derjenigen, die in diesem Jahr bisher nicht in diesen Bereich vorgestoßen sind, haben bereits einige bewiesen, dass sie solche Zeiten drauf haben. Die vergangenen Jahre haben gezeigt: Jeder, der über die 200m Freistil den Sprung ins Finale schafft, kann in den Kampf um die Medaillen eingreifen - auch Lukas Märtens wird also voll attackieren. Zudem ist er in der 4x200m Freistilstaffel und über die 200m Rücken gefordert. Die Rückenstrecke steht für Märtens als kleiner Bonus auf dem Programm, nachdem die Einsätze auf den Freistildistanzen hinter ihm liegen. In der bereinigten Weltrangliste steht er auch hier unter den Top Ten des Jahres 2024, wir dürfen also gespannt sein, ob der Alleskönner auch auf der Nebenstrecke den Sprung in den Endlauf packt. 

Der Routinier: Florian Wellbrock

Während Lukas Märtens auf den mittleren Freistilstrecken für Furore sorgen will, stehen für seinen Magdeburger Trainingspartner Florian Wellbrock die langen Kanten auf dem Programm. Über die 1500m Freistil gehört der mehrfache Welt- und Europameister wie immer, wenn es auf die internationale Bühne geht, zum engsten Kreis der Medaillenfavoriten. Als Vierter der aktuellen Weltrangliste hat Wellbrock auch 2024 schon seine gute Form angedeutet, doch auch von der Konkurrenz kamen schon Achtungszeichen. Den dicksten Kracher zündete im Februar bei der Schwimm-WM der Ire Daniel Wiffen, der mit seiner Zeit von 14:34,07 Minuten in Weltrekordnähe schwamm. Erst vor wenigen Tagen zog zudem der junge Türke Kuzey Tuncelli mit einer 14:41er Zeit die Blicke auf sich - der 16-Jährige schob sich in der Weltrangliste damit sogar vor Wellbrock. Welche Zeiten notwendig sind, um nach den Medaillen greifen zu können, hängt auch vom Rennen selbst ab. Geht es schnell zu, wird fürs Podest die 14:40er Marke fallen müssen - doch in einem mehr taktisch geprägten Rennen könnte es auch mit 14:40 noch reichen. Das bleibt abzuwarten und Wellbrock wird als einer der Erfahrensten im Feld hier seine Routine ausspielen können. Mit dem Titelverteidiger Bobby Finke aus den USA, dem Ukrainer Mykhailo Romanchuk und Gregorio Paltrinieri aus Italien warten einige alte Bekannte. Auch hier sollte man zudem Kim Woomin auf dem Zettel haben.

Über die 800m Freistil wird Wellbrock ebenfalls in Paris an den Start gehen, nachdem sein Trainingskollege Oliver Klemet auf einen Start über diese Strecke verzichtete. Die 800m waren in der Vergangenheit ein Wechselbad der Gefühle für Wellbrock, das ging vom Vorlaufaus bei Weltmeisterschaften über Platz vier bei Olympia bis hin zu WM-Silber. Dass dieses Event für Wellbrock in Paris die erste Strecke darstellt, könnte ihm in die Karten spielen. Ohne Vorbelastung lief das auch 2021 in Tokio recht gut - auch wenn er damals die Medaillen knapp verpasste, war es doch ein vielversprechender Auftakt. Obwohl Wellbrock 2024 über diese Strecke nicht unter den Top 15 der Weltrangliste liegt, sollte zumindest mit Blick auf die Finalplätze auch in Paris mit ihm zu rechnen sein. Die Konkurrenz ist eng und international wird über die 800m mittlerweile ein ordentliches Tempo angeschlagen, sodass hier auch einige Athleten, die von den 400m kommen, auftrumpfen könnten - so zum Beispiel die Australier Short und Winnington.

Den Abschluss bilden für Wellbrock in der zweiten Olympiawoche die 10km im Freiwasser. Über diese Strecke geht er bekanntlich als Titelverteidiger ins Rennen, doch die Bedingungen könnten deutlich anders sein, als noch 2021 in Tokio. Nicht nur etwas die geringere Wassertemperatur, sondern vor allem die Strömung in der Seine sowie die Wasserqualität und die Enge des Kurses gilt es hier zu beachten. All das macht die Vorausschau auf die Freiwasser-Events in Paris zum Blick in die Glaskugel. Insgesamt 33 Athleten werden an den Start gehen und gerade bei unklaren Bedingungen gilt: Erfahrung kann den Ausschlag geben - und davon bringt Florian Wellbrock einiges mit.

Die Underdogs: Oliver Klemet und Sven Schwarz

Nicht nur Lukas Märtens und Florian Wellbrock sorgen über die Freistilstrecken für hoffnungsvolle Blicke nach Paris. Mit Oliver Klemet und Sven Schwarz haben sich in den vergangenen Jahren zwei weitere Kraulasse in die erweiterte Weltspitze vorgearbeitet. Klemet glänzte über die 400m Freistil in diesem Jahr sogar mit einer 3:42er Zeit - das ist ein Leistungsbereich, mit dem man zum Kreis der Medaillenkandidaten zählt. Als Fünfter der Weltrangliste reist der in Magdeburg trainierende Frankfurter nach Paris, liegt also in Schlagdistanz zu den vorderen Plätzen. Nachdem die 400m am ersten Wettkampftag auf dem Programm stehen, gibt es für Klemet durch den Verzicht auf die 800m eine lange Pause, die er und sein Coach Bernd Berkhahn dazu nutzen werden, noch einmal Trainingsreize für sein zweites Rennen zu setzen: Die 10km im Freiwasser.

Ein starkes Jahr hatte bisher auch Sven Schwarz. Über die 800m und 1500m buchte er sich souverän seine Tickets nach Paris und darf sich über beide Strecken Finalchancen ausrechnen. Besonders über die 800m deutete der U23-Europameister in der Vergangenheit immer wieder sein Weltklassepotential an: Mit seiner Bestzeit von 7:41,77 Minuten ist er nah dran an den Leistungen um die 7:40 Minuten, die es wohl für Medaillen brauchen wird. Im Februar schnupperte Schwarz mit Platz vier bei der Schwimm-WM über die 800m Freistil bereits am internationalen Podest - ein Achtungszeichen, dass ihm mit Blick auf Paris Selbstbewusstsein geben düfte.

Die Brustspezis: Melvin Imoudu und Lucas Matzerath

Nicht nur auf den Kraulstrecken hat das deutsche Team einige Asse im Ärmel. Im Juni sorgte Melvin Imoudu bei den Europameisterschaften mit der Goldmedaille über die 100m Brust für einen Paukenschlag, mit dem er sich unter die Top Ten der Weltrangliste katapultierte. International ist das Feld über diese Strecke zusammengerückt. Adam Peaty ist der Konkurrenz nach seiner Auszeit nun nicht mehr um Dimensionen voraus und etwa ein halbes Dutzend Athleten, angeführt vom Chinesen Qin Haiyang, hofft darauf in Peatys Fußstapfen als Olympiasieger treten zu können. Alle Schwimmer, die es über die 100m Brust ins Finale schaffen, dürften für die Medaillenplätze in Frage kommen.

Für den Sprung in den Endlauf kann es angesichts des engen Feldes durchaus sein, dass der deutsche Rekord (58,74) fallen muss. Imoudu war bei seinem EM-Triumph bereits nah dran an dieser Bestmarke, die sein Nationalteamkollege Lucas Matzerath im vergangenen Jahr ins Becken zauberte. Der WM-Finalist wird in Paris ebenfalls über die 100m Brust dabei sein. Nach einer bisher auch von Herausforderungen geprägten Saison zeigte seine Formkurve zuletzt klar nach oben. Wir dürfen also gespannt sein, ob sich die beiden deutschen Brust-Asse in Paris gegenseitig zu neuen Höchstleistungen pushen.

Insgesamt 19 Einzelstarts sind für die deutschen Herren bei den Beckenwettbewerben in Paris vorgesehen. Auch einige der bisher nicht Genannten im Team bringen Finalpotenzial mit, doch wie die Vergangenheit gezeigt hat: Die Olympischen Spiele sind oft unberechenbar. Es kommt nicht nur darauf an, die eigene Leistung abzurufen, sondern auch auf das, was die weltweite Konkurrenz ins Becken bringt. Die Vorzeichen stehen jedoch gut, dass wir in Paris den einen oder anderen schwarz-rot-goldenen Glanzmoment erleben werden. 

Den Blick auf die Medaillenchancen der deutschen Damen findet ihr hier --> Gose, Köhler & Co! Die Medaillenchancen der deutschen Damen bei Olympia

Die wichtigsten Links zu den Olympischen Spielen 2024:

Bilder: Tino Henschel / Archiv