(30.07.2021) Mit ihrem dritten Platz über die 1500m Freistil nahm Sarah Köhler am Mittwoch einer ganzen Schwimmnation die Last von den Schultern. Drei Olympische Spiele ohne Edelmetall für die Beckenschwimmer? Das wäre nur hart zu verkraften gewesen. Doch dieses Angstgespenst ist verjagt. Schon jetzt haben sich die deutschen Schwimmer besser präsentiert als 2012 in London und 2016 in Rio. Nicht nur, aber auch wegen der Medaille von Sarah Köhler. Wenn sie in der kommenden Nacht also im Finale über die 800m Freistil auf den Block steigt, kann die Magdeburgerin befreit aufschwimmen.
„Die Karten werden neu gemischt", erklärte Köhler, die sich als Vierte für den Endlaufqualifizierte, wie schon vor dem 1500m-Finale. "Und ich hoffe, dass ich irgendwie vielleicht auch ein bisschen Glück habe und da vorne mit reinkomme, und dann schauen wir mal, was dabei rumkommt", schaut sie voraus.
Klar, in der Weltspitze ist man eng beieinander und da braucht es manchmal einfach das nötige Quentchen Glück. Doch um überhaupt in dieser Position zu sein haben, Köhler und ihr Coach Bernd Berkhahn hart gearbeitet. Die Form stimmt. Das stellte die 27-Jährige mit ihrem Deutschen Rekord über die lange Kraulstrecke unter Beweis. In der kommenden Nacht wird es im 800m-Rennen um 3:46 Uhr Mitteleuropäischer Zeit auch auf den etwas höheren Speed ankommen. Dass Köhler jenen in diesem Jahr mitbringt, deutete sie mit einer 4:05er Zeit im Frühjahr an. Damit wäre sie auch auf dieser Strecke für Olympia qualifiziert gewesen, verzichtete jedoch zugunsten der längeren beiden Strecken.
Im Vorlauf über die 800m kam Köhler in 8:17,33 Minuten bereits bis auf neun Zehntel an ihren Deutschen Rekord heran, ohne dabei bereits an ihre Leistungsgrenze zu gehen. „Wichtig war für mich erst einmal, in das Finale zu schwimmen und dabei nicht irgendwo auf der Außenbahn zu landen, damit ich alles ein bisschen im Blick habe“, meint Köhler zu ihrer Vorlaufleistung. Um im Kampf um die Medaillen eine Rolle zu spielen, wird eine Steigerung notwendig sein, die der erfahrenen Nationalschwimmerin allemal zuzutrauen ist.
Alle acht Schwimmerinnen, die wir am Samstag im Finale sehen werden, kommen für die Medaillen infrage. Die Top-Favoritin ist ganz klar Katie Ledecky. Zwar trifft sie erneut auf die Australierin Ariarne Titmus, gegen die sie bereits über die 200 und 400m Freistil unterlegen war. Doch während die WM-Dritte von 2019 zuletzt bei ihrem Rennen in der 4x200m-Staffel so wirkte, als mache sich die lange Wettkampfwoche langsam bemerkbar, sah Ledecky deutlich frischer aus.
Mit dabei sind über die 800m Freistil auch wie schon im 1500m-Finale die Italienerin Simona Quadarella, die Russin Anastasiia Kirpichnikova und Chinas Wang Jianjiahe. Sie alle konnte Köhler am Mittwoch hinter sich lassen, spielte dabei aber vor allem in der zweiten Rennhälfte ihre Qualitäten aus. Auf der kürzeren Strecke dürfte das Feld deutlich enger beisammen sein.
Und dann ist da natürlich noch die andere US-Amerikanerin. Die andere Katie, Katie Grimes. Sie könnte ihrer erfolgreichen Namensvetterin auf deren Pfad folgen. Wie Katie Ledecky bei deren erstem großen Triumph ist auch Katie Grimes erst 15 Jahre alt. Im Vorlauf ließ sie mit der zweitbesten Zeit des Feldes ihr Können aufblitzen. Ähnlich wie Katie Ledecky 2012 in London, als sie als Dritte ins Finale kam und im Endlauf die Konkurrenz schockte. So wie es eben oft bei jungen Talenten der Fall ist, die nichts zu verlieren haben.
Auch Sarah Köhler kann ohne Druck in das 800m-Finale gehen. Mit der Bronzemedaille über die 1500m hat die Jura-Studentin bereits bewiesen, dass sie aufs Olympische Podest gehört. Oder wie sie selbst es ausdrückt: "Meine Olympischen Spiele sind schon sehr, sehr gut. Das kann mir jetzt keiner mehr nehmen.“
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Bild: IMAGO / ITAR-TASS