(28.07.2021) Den Druck einer ganzen Schwimmnation ist er schonmal los. Vor Beginn der Spiele in Tokio fiel bei der Frage, wer die Medaillenmisere der deutschen Schwimmer auf der Olympia-Bühne beenden solle, meist der Name von Florian Wellbrock. Wenn der Magdeburger in der kommenden Nacht ins Becken springt, wird er sich dank des heutigen Bronze-Coups seiner Partnerin Sarah Köhler darüber keine Gedanken mehr machen müssen. Hat er eigenen Auskünften zufolge zwar sowieso nicht. Aber irgendwo im Hinterkopf werden die Schlagzeilen, die ihn als "Retter des deutschen Schwimmsports" sahen, wohl doch gesteckt haben.
Die Schultern sind also ein Stück leichter, wenn Florian Wellbrock heute Nacht um 3:30 Uhr in Tokio zum ersten Mal nach Edelmetall greift. Nicht nur, weil die Medaillenlast ihm genommen wurde, sondern vor allem, weil er selbst bereits im Vorlauf einen starken Eindruck machte. Mit Deutschem Rekord lieferte der Magdeburger über die 800m Freistil in 7:41,77 Minuten die zweitschnellste Zeit des Feldes ab. Nur der Ukrainer Mykhailo Romanchuk war schneller.
Der Vorlauf kann hier angeschaut werden: VIDEO: Florian Wellbrocks Deutscher 800m-Rekord bei Olympia
"Ich wollte souverän ins Finale schwimmen und im Endlauf eine gute Bahn haben", blickt Wellbrock zurück auf seine Taktik des Vorlaufs. Das Motto: Kein Risiko eingehen. "Der eine oder andere hat sich schon verpokert und ist rausgeflogen. Deswegen wollte ich einfach mal Gas geben und neben Romanchuk hat das ganz gut geklappt."
Wie viel er nun im Finale noch draufsetzen kann, bleibt also abzuwarten. Ohnehin stellt sich die Frage, ob das überhaupt notwendig wird, denn wie wir in den vergangenen Tagen gesehen haben, gibt es bei den Olympia-Finals am Morgen ganz eigene Gesetze und die persönlichen Bestzeiten spielen dabei nicht immer eine Rolle.
Eine der großen Fragen in diesem Zusammenhang: Wie stark ist Gregorio Paltrinieri? Der amtierende Weltmeister musste kurz vor den Spielen eine bei Schwimmern gefürchtete Erkrankung mit dem Pfeifferschen Drüsenfieber durchmachen. Trotzdem gelang ihm in Tokio der Finaleinzug. Zwar als Achter, doch die Zeit von 7:47,73 Minuten war immerhin genug zum Weiterkommen. Auf der Außenbahn könnte er nun im Finale sein Heil in der Flucht nach vorn suchen, in der Hoffnung, dass Romanchuk und Wellbrock in der Mitte zu spät reagieren.
Bemerkenswert: Aus dem Trio der Athleten, die bei der WM 2019 auf dem Podest standen, ist Paltrinieri der einzige, der es überhaupt ins Finale schaffte. Der Norweger Henrik Christiansen scheiterte knapp als Neunter der Vorläufe. David Aubry, der WM-Dritte aus Frankreich, scheiterte sang- und klanglos als 29. der Vorläufe. Und auch Gabriele Detti, der Europarekordhalter und WM-Fünfte, schied auf Platz zwölf bereits gestern aus.
Alle Schwimmer, die wir in der kommenden Nacht im Finale sehen, kommen für die Podestplätze infrage. Die 800m werden für Florian Wellbrock also kein Selbstläufer. Doch der 23-Jährige kann voll attackieren. Klappt es heute Nacht nicht, hat er in Tokio noch zwei weitere Chancen auf die erhoffte Medaille. Wieder ein Stückchen Druck weniger.
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