Angriff über alle Bruststrecken
Trotzdem prognostiziert Neumann, „dass die deutsche Mannschaft deutlich besser abschneiden wird als bei der vergangenen WM in Montreal oder bei Olympia in Peking.“ Entgegen zahlreichen andreren sieht er den Titelkämpfen in Rom damit ausgesprochen positiv entgegen. Auch entgegen Dirk Lange, der vor kurzem noch meinte, man könne von dem deutschen Team bei der WM in Rom noch keine Wunder erwarten. Möglicherweise liegt der Optimismus des Riesaers daran, dass es bei den Weltmeisterschaften nach der für Mai angekündigten Veröffentlichung der FINA-Anzugliste voraussichtlich weniger auf das Material ankommen wird. Auch der noch laufende Streit um den Austieg von Adidas als DSV-Ausrüster könnte zur positiven Stimmung Neumanns beitragen. Äußern dürfen sich die Sportler auf Anordnung des DSV zu dieser Frage nicht. Sollte es dabei bleiben und bei der WM für die deutsche Schwimmer freie Anzugwahl herrschen, dürfte er wieder in seinem gewohnten Arena-Anzug starten.
Doch bis zur WM sind es noch elf Wochen und vorher muss erst einmal die Qualifikation über die Deutschen Meisterschaften in Berlin geschafft werden. Neumann peilt dabei alle Brustdistanzen an: „Ich möchte mich in allen drei Strecken für Rom qualifizieren.“ Dies ist durchaus eine Herrausforderung für den gebürtigen Leipziger. Über die 100 Meter müsste er seinen eigenen Deutschen Rekord von 1:00,45 noch einmal um mindestens sechs Hundertstelsekunden verbessern und über die halbe Distanz nahe an seine Bestzeit heranschwimmen. Am schwersten wird wohl die Qualifikation über die 200 Meter Brust. Hier müsste er seine persönliche Bestzeit um mehr als vier Sekunden verbessern um die sehr anspruchsvolle Normzeit von 2:10,2 zu erreichen.
Es war klar, dass sich der Verband an der Weltspitze orientieren wird
Trotz dieser hohen Hürden verteidigt Neumann die vom DSV ausgegebenen Qualifikationszeiten: „Natürlich sind die Zeiten heftig. Aber es war klar, dass sich der Verband nach dem Debakel von Peking bei der Nominierung an der Weltspitze orientieren wird.“ Der Deutsche Schwimm-Verband wurde für die Zeiten unter anderem vom Dopingopfer-Hilfeverband kritisiert. Für den Riesaer Brustspezialisten ist es nicht vorstellbar, dass die deutschen Schwimmer auf Grund der hohen Normzeiten zu unerlaubten Mitteln greifen. „Bei den vielen Trainingskontrollen hier in Deutschland wäre das dumm und töricht. Ich bin mir sicher: Der Nationalkader ist 100 Prozent sauber“, so Neumann. Auch er wurde dieses Jahr bereits mehrmals getestet.
Bei den Deutschen Meisterschaften muss Neumann auf dem Weg nach Rom jedoch nicht nur die Zeiten, sondern auch die Konkurrenz schlagen. Nur Platz eins und zwei im Finale dürfen sich Hoffnungen auf die Weltmeisterschaft machen. So steht neben anderen mit dem Darmstädter Marco Koch ein junges Talent auf den Bruststrecken in den Startlöchern. Er war der einzige, der in diesem Jahr auf einer der Bruststrecken schneller war als Neumann. Mit seinen 2:14,00 über die 200 Meter Brust ist allerdings auch Koch noch weit entfernt von der geforderten Norm. Sollte diese jedoch erreicht werde, unabhängig von welchem Schwimmer, wäre das durchaus ein Achtungszeichen. Wie der Vergleich mit den bereits durchgeführten Qualifikationswettkämpfen der internationalen Konkurrenz zeigt, wurde diese bisher weder in Italien noch in Frankreich erreicht und auch der Australier Brenton Rickard, Olympiazweiter über diese Strecke, war bei den nationalen Meisterschaften langsamer.
Sollte Neumann die Qualifikation für Rom schaffen, könnte er dort die erfolgreiche Geschichte der Brustschwimmer des SC Riesa fortschreiben und entgültig in die Fußstapfen des fünffachen Europameisters und Olympiasilbermedaillengewinners Jens Kruppa treten. (Bild: SC Riesa)