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25. Juli 2019

Die swimsportnews-Berichterstattung zur Schwimm-WM 2019 wird präsentiert von Smit Sport

(25.07.2019) Mit seinem Weltrekord über die 200m Schmetterling sorgte der junge Ungar Kristof Milak am Mittwoch bei den Schwimm-Weltmeisterschaften wohl nicht nur für das Rennen der Titelkämpfe von Gwangju sondern wohl auch für einen der wohl denkwürdigsten Momente der jüngeren Schwimmgeschichte. In 1:50,73 Minuten war der 19-Jährige satte 7,8 Zehntel schneller als der bisherige Weltrekord von Michael Phelps, den dieser noch zu Zeiten der Hightech-Ära aufgestellt hatte. Das brachte dem frisch gebackenen Weltmeister auch ein dickes Lob des Rekord-Olympiasiegers ein.

"So enttäuscht ich auch bin, dass der Rekord gebrochen wurde, so könnte ich doch kaum fröhlicher darüber sein, auf welche Art er das gemacht hat", schildert Phelps nach Milaks Triumph gegenüber der New York Times. "Die letzten 100m des Kids waren unglaublich", staunt der Superstar ehrfürchtig.

Auf der zweiten Rennhälfte war Ungarns Youngster in 57,85 Sekunden deutlich schneller als Phelps bei dessen Weltrekord im Jahr 2009 (58,62). Dieser hatte damals zudem die Unterstützung von einem der seit 2010 verbotenen Hightech-Anzüge aus nahezu wasserundurchlässigem Material.

"Das war möglich, weil da ein Junge war, der das schaffen wollte. Der davon geträumt hat, das zu schaffen. Der erkannt hat, was er machen muss, um es zu schaffen. Der an seiner Technik gearbeitet hat, bis sie wunderschön war und der die wirklich, wirklich harte Arbeit reingesteckt hat, die es braucht, um das zu schaffen", meint Phelps anerkennend. "Ich ziehe meinen Hut vor ihm."

Damit war er nicht allein. Auch Phelps' einstiger Coach Bob Bowman hat Milak genau beobachtet und im Stil des Ungarn Parallelen zu Phelps erkannt. "Er bleibt lang und flach, atmet nach vorn an der Wasseroberfläche und hat einen starken, konstanten Kick", analysiert der Erfolgscoach gegenüber dem US-Portal Swimming World. "So wie er über das vergangene Jahr hinweg geschwommen ist, hatte ich mir schon gedacht, dass er den Rekord angreifen könnte, aber ich hätte nicht erwartet, dass er bei diesem Wettkampf die 1:51 bricht."

Tatsächlich ist Milak zwar jung aber alles andere als ein Newcomer. Nachdem er auf Juniorenebene bei Europameisterschaften (2016) und Weltmeisterschaften alles abräumte, schwamm er sich mit seinen Leistungen schon früh in den Fokus der Schwimmszene. Als 16-Jähriger gewann er die 200m Schmetterling bei der Junioren-EM in 1:56,77 Minuten, nur 12 Monate später verteidigte er den Titel und schraubte seine Bestleistung dabei auf 1:53,79 Minuten um fast drei Sekunden nach unten.

Bei den anschließenden Weltmeisterschaften 2017 in Budapest brachte Milak dann das Heimpublikum zum Staunen. Über die 200m Schmetterling konnte er nicht starten, da hier die Routiniers Laszlo Cseh und Tamas Kenderesi gesetzt waren. Doch er bekam seine Chance auf den 100m und nutze sie. In beeindruckenden 50,62 Sekunden holte er Silber und musste sich nur dem US-Star Caeleb Dressel geschlagen geben. Im zurückliegenden Jahr folgte dann der erste internationale Titel bei den Erwachsenen: In Glasgow wurde Milak Europameister über die 200m Schmetterling.

Und doch: Obwohl man Milak in Gwangju auf dem Zettel haben musste, hatte wohl keiner damit gerechnet, dass er derart schnell sein könnte. Er selbst ebenfalls nicht, obwohl er mit der Bestmarke durchaus ein wenig geliebäugelt hatte. "Ich hatte nicht erwartet den Weltrekord zu brechen, aber ich war darauf vorbereitet", meinte Milak und scherzte: "Es wird jetzt deutlich schwerer, eine neue persönliche Bestzeit zu schwimmen."

Auch Milaks Trainer Atilla Selmeci weiß, dass auf seinen Schützling nun neue Herausforderungen und Erwartungen zukommen. "Das verändert alles. Zu Hause wird er jetzt im Rampenlicht stehen. Die Leute werden mehr über ihn wissen wollen und mehr von seiner Zeit beanspruchen", so der Coach.

Seit mehreren Jahren arbeiten die beiden zusammen. Zunächst im Budapester Vorort Erd, mittlerweile aber im nationalen Trainingszentrum in der Hauptstadt selbst. Selmeci, so berichtet Swimming World, habe sich damals mit dem aus einem Lehrerhaushalt stammenden Milak zusammengesetzt, und ihm gesagt: "Glaub mir, es ist viel harte Arbeit, aber die musst du reinstecken. Du wirst dafür belohnt werden [...] aber es gibt keinen Weg um diese Arbeit herum." Der Coach, der sich an der "alten Schule" ungarischer Erfolgstrainer wie Tamás Széchy und Laszlo Kiss orientierte, sollte recht behalten. Jetzt müsse man die Arbeit aber an die neuen Umstände anpassen, meint er.

Mehr als 18 Jahre lang hatte Michael Phelps den Weltrekord über die 200m Schmetterling gehalten und die Strecke immer wieder in neue Dimensionen gehoben. 2001 schwamm er als erster Athlet überhaupt in 1:54,92 Minuten unter die 1:55er Marke. Zarte 15 Jahre war er damals jung, Milak gerade erst geboren. Im Laufe seiner Karriere drückte er den Weltrekord zunächst unter 1:54, dann unter 1:53 Minuten. Im textilen Anzug schwamm er 2007 in 1:52,09 Minuten erstmals an die nächste Sekundenmauer heran, die er dann bei den Weltmeisterschaften 2009 im Hightech-Anzug in 1:51,51 Minuten durchbrechen sollte.

Das alles ist nun Schwimm-Geschichte. Milaks Leistung bestätigt einmal mehr, dass kein Rekord - selbst, wenn er von Überschwimmer Phelps höchstpersönlich stammt - für die Ewigkeit gemacht ist. Und noch ist die WM für ihn nicht beendet. Am morgigen Freitag stehen für Milak die 100m Schmetterling auf dem Programm. Im siebten Lauf wird er an der Seite des deutschen Marius Kusch auf der Bahn zwei auf den Block treten. Auch über diese Strecke wird der Weltrekord von Michael Phelps gehalten. Während vor der WM viele darauf spekulierten, dass Phelps' Landsmann Caeleb Dressel dessen Bestmarke von 49,82 Sekunden zum Wackeln bringen könnte, wird sich das Rampenlicht der internationalen Schwimmbühne nun wohl auf Ungarns jungen Überflieger richten und dabei zum ersten Mal für Milak so richtig voll aufgedreht sein.

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WM-Bilder: Alibek Käsler / swimsportnews