(22.05.2018) Mit seiner "Lügenaffäre" von Rio, als Ryan Lochte fälschlicherweise behauptete am Rande der Olympischen Spiele 2016 mit vorgehaltener Waffe beraubt worden zu sein, stellte sich der Sunnyboy nicht nur selbst ins Abseits, sondern handelte sich auch noch eine mehrmonatige Sperre durch den US Verband ein. Mittlerweile ist er nun aber wieder zurück im Wettkampfbecken und voller Tatendrang.
"Ich will wieder ins US-Team und gegen die Besten der Welt schwimmen", erklärte Lochte gegenüber NBC Sports selbstbewusst im Vorfeld des Atlanta Classic Swim Meet am vergangenen Wochenende. Sein Ziel: Im Sommer will er sich für die Schwimm-WM 2019 qualifizieren. Der US-Verband vergibt die Plätze für die Weltmeisterschaften im kommenden Jahr bereits bei den US-Meisterschaften 2018 im Juli.
Da bleibt für Lochte nicht viel Zeit, um sich wieder an die nationale Spitze heranzuschwimmen. Seine Leistungen am Wochenende, auch wenn sie aus dem Training heraus geschwommen waren, deuteten an, dass noch viel Arbeit vor ihm liegt. Über die 200m Freistil schwamm er 1:50,81 Minuten. Die 100m Schmetterling absolvierte er in 54,32 Sekunden.
Um den Anschluss wiederherzustellen, wählte Lochte den Weg zurück zu alten Wurzeln. Seit dem Herbst trainiert er wieder in seiner Heimat Florida in Gainesville bei Coach Gregg Troy, der ihn schon von 2002 bis 2013 betreute und zu fünf Olympiasiegen und 15 WM-Titeln führte. "Du solltest wissen, ich werde dich nicht mit Samthandschuhen anfassen. Es wird hart. Du musst anfangen auf deinen Körper zu achten. Keine Partys mehr", hat Troy ihm bei seiner Rückkehr gesagt.
Das Leben abseits des Pools wurde für Lochte nach seinem Abschied aus Gainesville im Jahr 2013 zusehends wichtiger. Er hatte regelmäßig TV-Auftritte, zwischenzeitlich sogar seine eigene Reality-Serie und machte regelmäßig die Nacht zum Tage. Letzteres gipfelte in der besagten Partynacht von Rio, die mit polizeilichen Ermittlungen, einer Sperre und einem schweren Knacks für Lochtes Ruf endete.
Mittlerweile gibt er sich geläutert und bereut die Entwicklungen der vergangenen Jahre. "Ich weiß, ich habe es verbockt", meint er reumütig. "Nach 2012 habe ich mehr oder weniger sechs Jahre lang eine Auszeit genommen." Im Anschluss an Rio habe er dann noch weniger gemacht. "Ich habe vielleicht zwei Tage trainiert und dann eine Woche Pause gemacht. Ich war in Kalifornien und hab einfach die Sonne genossen." Irgendwann merkte er, dass es so nicht weitergehen könne und der einzige Weg, um nochmal richtig angreifen zu können, ihn in die alte Heimat führen müsse.
Auch seine neue neue Rolle als Familienvater dürfte eine Ursache für den Sinneswandel sein. Seit Januar ist Lochte mit dem Model Kayla Rae Reid verheiratet und beide durften im Juni 2017 die Geburt ihres Sohnes Caiden feiern. Für ihn will er ein Vorbild sein. "Ich möchte ihm zeigen, was Hingabe, harte Arbeit und Verpflichtung bedeuten."
Das Comeback könnte für Lochte durchaus auch zur Existenzfrage werden. Nach dem Skandal von Rio verabschiedeten sich all seine Sponsoren. Lediglich der Anzughersteller TYR unterstützt ihn derzeit. Ein sportliches Comeback und das geläuterte Image dürften Lochte dabei helfen, den Karriere-Herbst noch ein wenig zu versilbern - vorausgesetzt, er kann sich noch einmal zu sportlichen Höchstleistungen aufschwingen.
Motiviert scheint er auf jeden Fall zu sein. "Ich möchte zurückkehren und in den nächsten Jahren wirklich noch einmal alles, was ich habe, geben", erklärt Lochte optimistisch. "Das Schwimmen hat jetzt wieder einen anderen Stellenwert für mich. Ich bin wieder hungrig."