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Bild: Tino Henschel
01. Februar 2018

(01.02.2018) Michael Jamieson war einer der Top-Schwimmstars Großbritanniens. Bei den Olympischen Spielen 2012 fuhr er mit Silber über die 200m Brust den größten Erfolg für die Schwimmer aus dem Gastgeberland ein. Mittlerweile hat er die Wettkampfbrille an den Nagel gehangen, doch den Schwimmzirkus beobachtet er weiterhin ganz genau. Auch die immer wieder auftretenden Dopingfälle lassen ihn nicht kalt. Laut Jamieson besteht die Gefahr aber vor allem dort, wo verbotene Substanzen nahezu nicht festgestellt werden können: Beim Mikro-Doping.

"Meiner Meinung nach ist dies ein riesiges Problem. Mirko-Doping ist praktisch nicht nachweisbar", erklärt der einstige Konkurrent von Marco Koch im Gespräch mit der britischen Tageszeitung The Guardian. "Die natürlichen Grenzwerte von Testosteron liegen in so einem weiten Bereich, da kann man minimal mit einer Mikro-Dosis nachhelfen und hat einen enormen Effekt. 24 Stunden später ist es weg, aber man profitiert davon drei Monate."

Beim Micro-Doping werden den Athleten Kleinstmengen an verbotenen Mitteln verabreicht. Diese sind dann oft nur wenige Stunden nachweisbar oder fallen beim Blick auf Blutwerte etc. nahezu gar nicht auf, da sie im Bereich natürlicher Schwankungen liegen. Bei der Anwendung über einen längeren Zeitraum können so enorme Leistungssteigerungen erzielt werden, das Risiko erwischt zu werden ist jedoch minimal.

Jamieson berichtet unter anderem von einem Vorbereitungscamp, in dem die Konkurrenz einer anderen Nation schon im Training wahre Fabelleistungen zeigte. "Es gab Aluminiumstartblöcke und strömenden Regen, aber sechs Sportler schwammen über 400m Freistil Zeiten von 3:44 Minuten oder schneller. Das ist unmöglich." Zum Vergleich: Mit 3:44 schwimmt man bei einer Weltmeisterschaft um die Medaillen mit.

In Richtung des Weltverbands schickt der 29-Jährige kritische Worte. "Ich glaube, wie die FINA sich in den vergangenen Jahren verhalten hat, ist eine Schande. Zu sehen, wie der Exekutivdirektor am Rand der Olympischen Spiele Sun Yang umarmt? Was soll man dazu noch sagen?" Der Chinese Sun Yang ist einer der Spitzenathleten, die in den zurückliegenden Jahren wegen positiver Dopingtests auffällig wurden.

Trotz großer Worte seitens der Verantwortlichen bei FINA und Co. sind Fälle wie der von Sun Yang in der jüngeren Vergangenheit keine Seltenheit gewesen. Das stößt auch dem ehemaligen Schwimmstar Michael Jamieson bitter auf: "Zweifelsohne hat das Schwimmen ein riesiges Problem. Ich habe keine Ahnung, wie man dessen Herr werden kann."