(17.08.2017) Die unschöne Trennung zwischen dem DSV und seinem einstigen Hallenser Bundesstützpunkttrainer Frank Embacher liegt in der Vergangenheit. Der Erfolgstrainer, der in der Saalestadt aus Paul Biedermann einen mehrfachen Weltmeister und Weltrekordhalter formte, hat eine neue, ambitionierte Aufgabe vor sich: Embacher soll als Trainer am Stützpunkt Leipzig die sächsischen Schwimmer zurück in die nationale Spitze und in internationale Gewässer führen.
"Ich werde in den ersten Monaten schauen, was wir verändern können", kündigt der 53-Jährige in einem am Donnerstag erschienenen Interview mit der Leipziger Volkszeitung an und fügt hinzu: "Ich bin mir sicher: Leipzig hat im Schwimmen Potenzial."
Genutzt wurde dieses in der jüngeren Vergangenheit kaum. Der letzte Deutsche Meistertitel liegt fünf Jahre zurück, damals sprintete Hannes Heyl zum Sieg über die 50m Schmetterling. Immer wieder wanderten starke Talente ab, so zum Beispiel Lisa Graf, die 2012 nach Berlin wechselte und dort zur Olympia-Halbfinalistin und Deutschen Rekordhalterin wurde.
Das möchte Embacher in Zukunft verhindern: "Wir müssen solche Bedingungen schaffen, dass kein Talent Sachsen verlässt." In Leipzig habe man nun die Chance auf einen Neuanfang, meint der Coach. Dieser ist bitter notwendig. Nachdem bekannt wurde, dass Leipzig den Status als Bundesstützpunkt (Nachwuchs) verliert, stimmte im vergangenen Jahr so mancher schon das Totenlied auf das Leistungsschwimmen in der Messestadt an. Fließen keine Bundesgelder mehr, wollen Land und Kommune oft nicht einfach als Lückenbüßer einspringen, sondern kürzen selbst ebenfalls vielleicht noch die Mittel.
In Niedersachsen führte dies zuletzt zum Beispiel dazu, dass der Landesverband offen ankündigte, dass man erwägen müsse, sich zum Ende des Jahres aus dem Leistungssport zu verabschieden. Und das in einem Bundesland, das mit Hannover einen der traditionell stärksten deutschen Schwimmstandorte hat.
Auch in Leipzig sorgen Sportreform und der Kampf um Fördermaßnahmen für Unsicherheit. Doch unter anderem durch einen Kreis engagierter Schwimmeltern wird seit Ende 2016 neuer Schwung in die Sache gebracht. Dass Leipzig nach wie vor eine Schwimmstadt ist, bewiesen die Athleten zuletzt bei den Deutschen Jahrgangsmeisterschaften.
20 Medaillen holten die Schwimmer der Leipziger Vereine bei den Nachwuchstitelkämpfen im Juni. Insgesamt waren es sogar 27, rechnet man die Podestplätze der Athleten hinzu, die zwar in Leipzig trainieren aber noch für ihre Heimatvereine starten. Damit liegt man deutschlandweit unter den Top Fünf. Erzielt wurden diese Erfolge noch unter der Federführung von Embachers Vorgänger Dirk Franke, dessen Abgang ebenso wie bei seinem Kollegen in Halle seitens des Verbandes nicht gerade glücklich gehandhabt wurde. Embachers Kündigung durch den DSV im Dezember erfolgte "pünktlich" zu Weihnachten. Franke wiederum erfuhr nur wenige Minuten vor Bekanntgabe der Verpflichtung Embachers durch den Sächsischen Schwimmverband davon, dass er künftig nicht mehr am Beckenrand benötigt werde. Die rauen Umgangsformen sind ein Zeichen des wachsenden Erfolgsdrucks bei immer begrenzteren Mitteln.
Dass es mit der Formel "Mehr aus Weniger" aber nicht funktionieren kann, weiß auch Embacher. Mit Blick auf die Betreuung der Athleten, für die in der 570.000-Einwohner-Stadt Leipzig derzeit vom Fünftklässer bis zur Spitzengruppe vier hauptamtliche Trainer verantwortlich sind, meint er: "Wir müssen den Trainern eine Perspektive geben und sie mit besseren Löhnen motivieren." Dabei verweist er auf seine bisherige Wirkungsstätte: "In dem Punkt ist Sachsen-Anhalt weiter. Der dortige Trainerpool unter dem Dach des Landessportbundes ist einmalig in Deutschland." Einfach kopieren kann man dies natürlich nicht. "Es sind nun mal zwei Bundesländer", so Embacher.
Mehr Trainerstellen, heißt im Umkehrschluss auch mehr Geld, das gebraucht wird. Da hilft es nicht gerade, dass von den Leipziger Erfolgen bei den Deutschen Jahrgangsmeisterschaften kaum jemand etwas mitbekommen hat. Die Athleten holten ihre Medaillen für insgesamt fünf verschiedene Vereine, nur zwei davon tragen überhaupt das Wort "Leipzig" in sich. Wenn der Name der Stadt nicht durch Erfolge nach außen getragen wird, dann tun sich auch diejenigen, die über Fördermaßnahmen entscheiden, schwer damit, die benötigten Mittel zur Verfügung zu stellen.
"Um Geld zu akquirieren ist es wichtig, dass wir als geballte Kraft in Erscheinung treten", weiß auch Frank Embacher, der für ein stärkeres Miteinander wirbt und die Richtung direkt vorgibt: "Wir müssen auf Seite 1 der Vereinswertung auftauchen – und dort möglichst weit vorn", meint Embacher. Er weiß, wie es geht: Das Spitzenteam in diesem Ranking war bei den Deutschen Jahrgangsmeisterschaften der SV Halle / Saale, also eben jener einstige Verein von Frank Embacher.