(04.05.2017) Das Erbe der Olympischen Spiele 2016 in Rio lastet schwer auf Brasilien. Bei Stadt und Staat haben die Wettbewerbe tiefe Löcher in die Finanzen gerissen und auch die Verbandskassen belastet. Als ob dies nicht schon genug wäre, müssen sich die Schwimmer des Landes nun mit einem Korruptionsskandal herumschlagen, der sich auch direkt auf den sportlichen Bereich auswirkt.
Seit dieser Woche kämpfen die Schwimmer in Brasilien um die Startplätze für die Weltmeisterschaften 2017 in Budapest. Wer mitfährt, ist weitgehend unklar und dürfte erst ein paar Tage nach den Wettkämpfen tatsächlich feststehen.
Der Grund dafür: Der nationale Schwimmverband CBDA hat erst einen Tag vor Beginn der Titelkämpfe die Nominierungskriterien für die WM veröffentlicht. Lediglich acht Schwimmer sollen sich demnach direkt für die WM qualifizieren können. Die Tickets gehen an die Athleten, die beim Quali-Wettkampf die punktbesten Leistungen laut FINA-Tabelle abliefern.
Bis zum letzten Tag kann sich also kein Athlet sicher sein, ob er wirklich bei der WM starten darf. Darüber hinaus behält es sich der Verband zudem vor, das Team nach eigenem Bedarf weiter aufzustocken.
Einer der Gründe für diese Schnellschuss-Variante der Nominierungskriterien liegt darin, dass dem Verband schlicht das Geld fehlt, um mehr Athleten mitzunehmen. Im April verabschiedete sich mit dem nationalen Postdienst Correios der Hauptsponsor der brasilianischen Schwimmer. Zuvor hatte das Unternehmen den Verband stolze 26 Jahre lang unterstützt.
Correios zog mit der Beendigung der Zusammenarbeit die Konsequenzen aus einem Korruptionsskandal um Verbandspräsident Coarcy Nunes, der im April in dessen Verhaftung gipfelte. Nunes, der fast 30 Jahre lang an der Spitze des Verbandes stand, wird vorgeworfen gemeinsam mit weiteren Funktionären Millionen an Verbandsgeldern unterschlagen zu haben.
Unter anderem soll der Verband über die Zwischenfirma "Pro Swim" Produkte von Schwimmartikel-Herstellern zu Preisen eingekauft haben, die ein Vielfaches über dem normalen Handelswert lagen. Die Briefkastenfirma Pro Swim soll so einen Umsatz von satten 400 Millionen Euro durch den Verband gemacht haben.
Kein Wunder also, dass das Geld für große WM-Teams zu knapp ist. Schon Ende 2016 musste der Verband kurzfristig die Zahlungen aller Mitarbeitergehälter einstellen und reduzierte die nationalen Wettkämpfe auf ein Minimum.
Die Athleten versuchen sich derweil davon nicht beeindrucken zu lassen. Zum Auftakt des Qualifikationswettkampfes in Rio sorgten die Brustschwimmer Felipe Lima (100m - 59,32), Joao Gomes Junior (100m - 59,41) und Thiago Simon (200m - 2:10.78) für die bisher punktbesten Leistungen. Dass dabei am ersten Wettkampftag ein Stromausfall das Geschehen vor Ort zum Stillstand brachte, dürfte derzeit das kleinste Problem der brasilianischen Schwimmer sein.