Eine der wohl schwierigsten Phasen erleben Sportler und Trainer in der Zeit kurz vor wichtigen Wettkämpfen. In der "Taperphase" geht es darum, dem Körper die notwendige Erholung zu gönnen, damit sich die Muskulatur von den Trainingsstrapazen erholen und regenerieren kann und außerdem dabei mit gezielt gesetzten Reizen das Gefühl für das Wasser zu behalten. Daher werden die Belastungsumfänge heruntergefahren und Belastungsintensitäten punktuell erhöht. Hier das genaue Maß zu finden, stellt viele Sportler vor große Schwierigkeiten.
Es gibt keine feste Regeln, wann mit dem Tapern angefangen werden soll. Der Abstand zwischen Beginn der Erholungsphase und dem Wettkampf unterscheidet sich von Athlet zu Athlet. Grundsätzlich empfiehlt es sich, den Trainingsumfang in sukzessiven prozentualen Schritten zu reduzieren (z.B. um 50% --> 70% --> 80%).
Das heißt nicht, dass jetzt Ruhe pur angesagt ist. Deshalb sind immer wieder kurze, intensive Trainingsinhalte in Wettkampfgeschwindigkeit in die Einheiten vorm Wettkampf zu integrieren.
Tapern mit schneller Reduzierung (in größeren prozentualen Schritten) ist eher für Sportler geeignet, die sich im Hochleistungstraining befinden. Man wendet es auch an, wenn wenig Zeit zwischen den vorgegebenen Wettkämpfen ist. Eine langsame Reduzierung (in kleineren prozentualen Schritten) ist eher zielführend für Sportler im Aufbau- oder Anschlusstraining.
Die Reduzierung des Trainingsumfangs kann bei den Schwimmern auch für Irritation sorgen, denn diese sind ja vor allem hohe Trainingsbelastungen gewohnt. So mancher klagt daher über:
- schwindendes Wassergefühl
- keine oder zu wenig Muskelspannung
- gefühlte (und manchmal tatsächliche) Gewichtszunahme
- Ausbruch von Krankheiten
- steigende Nervosität
Mit diesen Tipps könnt ihr diesen negativen Seiten der Taperphase entgegenwirken:
- Die Trainingseinheiten vor den Wettkämpfen sollten so gut wie möglich ritualisiert werden. Das schafft Ruhe und Vertrauen. Nur bei individuellem Bedarf sind Abänderungen vorzunehmen.
- Vertraue in dein Training: Die harte gute Trainingsarbeit ist schon gemacht und das Hauptaugenmerk liegt auf der psychophysischen Erholung. Versuche nicht im letzten Moment Fähigkeiten zu trainieren, welche du nicht schon bisher im Trainingsplan hattest!
- Zusätzliche Stretching-Einheiten helfen dabei, das Körpergefühl zu behalten.
- Kurze Trainingsinhalte in Wettkampfgeschwindigkeit helfen dabei, das Wassergefühl zu behalten.
- Der Einbau von verschiedenen Hypoxieaufgaben (Tauch-/Atmungsübungen) im Training bringt Abwechslung und Trainingsnutzen.
- Achte besonders in dieser Trainingshase auf Ernährung und Schlaf! (z.B. Kohlenhydratspeicher gezielt leeren und vorm Wettkampf wieder füllen)
- Stärke dein Immunsystem und meide in der Taperphase vor Großereignissen zusätzliche Aufenthalte in größeren Menschengruppen. Dies beugt Krankheiten vor.
- Ein spezieller Tipp für den Coach: Stärke den Teamgeist in der Trainingsgemeinschaft. Das ersetzt Nervosität durch Vorfreude.
Die vollständige Version dieses Beitrags mit Tipps für den Saisonaufbau erschien in der Ausgabe 02/2015 des swimsportMagazine. Alle zurückliegenden Ausgaben der Zeitschrift können unter www.swimsportMagazine.de nachbestellt werden.
Zum Autor:
Seit mehreren Jahren trainiert Marco Wolf einige der besten Schwimmer Österreichs. Bei der EM 2014 in Berlin konnte sein Schützling Lisa Zaiser die einzige EM-Medaille für das Alpenland holen. Zu seinen weiteren Athleten zählen Spitzenschwimmer wie David Brandl und Lena Kreundl. Zudem ist er als Lehrbeauftragter an der Bundessportakademie Linz für die Ausbildung neuer Schwimmtrainer in Österreich verantwortlich.