(03.01.2017) Nachdem Henning Lambertz (am 1.1. genau) vor vier Jahren den Posten als DSV-Chefbundestrainer übernahm, schien es zunächst aufwärts zu gehen mit den deutschen Schwimmern. Es gab Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften und die wichtige Quote der Schwimmer, die sich von den Deutschen Meisterschaften zum Saisonhöhepunkt hin verbesserten, stieg stetig an. Bis zu den enttäuschenden Olympischen Spielen in Rio, bei denen man gänzlich ohne Medaille blieb. Mit Beginn des neuen Schwimmjahres räumt der Chefcoach im WAZ-Interview ein, dass auch er die Situation vor Olympia an einigen Stellen falsch eingeschätzt hatte.
"Wir waren uns zu früh zu sicher, nachdem unsere Stellschrauben gut gegriffen und wir 2014 und 2015 gute Ergebnisse erzielt hatten", erklärt Lambertz. Kritik ernteten nach den Spielen unter anderem die aufwendigen aber am Ende glücklosen Maßnahmen wegen der späten Wettkampfzeiten (22 bis 0 Uhr).
Zwar meint Lambertz hierzu: "Man musste sich im Training auf die ungewohnten Zeiten vorbereiten", fügt aber hinzu: "Nicht gut war jedoch die ganze Schlaflabor-Geschichte mit den Tageslicht-Lampen und Lichtkoffern unmittelbar vor Rio. Das würde ich so nicht noch mal machen."
Mit Blick auf die Olympischen Spiele 2020 will er nun erneut an einigen Stellschrauben drehen. Die Normen will er härter ansetzen, die Athleten sollen an Land stärker an ihrer Maximalkraft arbeiten und die Zahl der Stützpunkte soll reduziert werden. "Essen, Berlin, Hamburg und Heidelberg bleiben bestehen. Der fünfte wird Magdeburg/Halle oder Potsdam sein", so Lambertz. Die Nachwuchszentren Wuppertal/Dortmund und Leipzig werden wegfallen.
Sorgen bereitet Lambertz bei den Bemühungen um den Anschluss an die Weltspitze jedoch die Leistungssportreform von Bundesinnenministerium und Deutschem Olympischen Sportbund. "Die höchsten Zuwendungen werden die zuletzt erfolgreichen Sportarten erhalten. Das ist gefährlich", erläutert der 46-Jährige.
Die Schwimmer hingegen müssen mit Abstrichen rechnen. In zwei Jahren wird es nur noch 75 Prozent der derzeitigen Fördermittel für den Verband geben. "Wenn man 300.000 Euro einsparen will und gleichzeitig fordert, dass wir erfolgreicher werden müssen, dann sehe ich nicht, wie das klappen soll", meint Lambertz. "Meine Antwort ist, es geht nicht."
Er sieht dadurch sogar die Gefahr, dass man auch 2020 in Tokio ohne Medaille bleiben könnte. Für die DSV-Beckenschwimmer wäre dies bereits die dritte Olympia-Nullnummer in Folge. "Aber die Medaillen dürfen nicht der alleinige Gradmesser sein, sondern die gute Quote, die anzeigt, wie sich unsere Schwimmer verbessert haben."
Die nächste Bewährungsprobe für die deutschen Schwimmer steht im Sommer auf dem Plan. Bei den Weltmeisterschaften in Budapest nehmen sie es erneut mit der internationalen Elite auf. Ein Medaillenziel gibt es hierfür vom Chef-Bundestrainer nicht, doch die Quote, die soll trotz der zu erwartenden schärferen WM-Normen stimmen. "Wenn mehr als 50 Prozent unserer WM-Teilnehmer in Budapest bessere Zeiten erzielen als zuvor im Jahr", dann wären die Weltmeisterschaften für ihn ein Erfolg.
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