(15.07.2016) Josh Prenot kennt sie alle. Daniel Gyurta, Kosuke Kitajima, Andrew Willis, Ross Murdoch und natürlich auch Marco Koch. Nicht, weil er sie so oft getroffen hat, sondern von ihren Rennvideos. Jahrelang hat er die Technik der besten Brustschwimmer der Welt studiert, nun ist er einer von ihnen. Bei den US Trials in Omaha knallte der 22-jährige Sunnyboy aus Kalifornien in 2:07,17 Minuten eine Weltjahresbestleistung ins Wasser und ist jetzt der zweitschnellste Schwimmer aller Zeiten über diese Strecke. Wir haben ihn in den USA getroffen!
Besonders Deutschlands Weltmeister Marco Koch dient dem US-Newcomer als Vorbild. Beide haben die gleiche Rennstrategie: Vorn kontrolliert angehen und dann hinten alles raushauen. So holte Koch 2015 den Weltmeistertitel und so schnappte sich auch Prenot bei den US Trials den Sieg. Das Ganze ist kein Zufall: "Das habe ich mir von Marco abgeschaut. Er ist wahrscheinlich derzeit der Beste der Welt", erklärt uns Josh und am Rande des Wettkampfes in Omaha.
"Ich habe mir viele Videos seiner Unterwasserphasen reingezogen. Was er nach den Wenden macht, ist unglaublich stark", erzählt der Youngster über Marco Koch, der dafür bekannt ist, nach dem Start mit nur einem Armzug mehr als 15 Meter weit tauchen zu können. Prenot orientiert sich gern an den Besten.
"Als Kind habe ich versucht meine Züge genau so zu machen wie Michael Phelps. Aber irgendwie bin ich dann Brustschwimmer geworden." Und bei den Fachleuten schwamm er sich in den zurückliegenden anderthalb Jahren mehr und mehr in den Fokus. "Natürlich hatte ich ihn auf dem Schirm", erklärt sein Vorbild Marco Koch gegenüber swimsportnews. "Er ist ja in diesem Jahr schon ein paar schnelle Zeiten geschwommen", meint dieser über Prenot, der 2016 bereits mehrere 2:08er Leistungen abgeliefert hatte.
Dass Prenot die Renntaktik von Koch "kopiert", ist für den Weltmeister wenig überraschend. "Ich denke, dass die zweiten 100m das Rennen entscheiden, wobei man es natürlich auch vorn nicht verschlafen darf", ekläutert der Darmstädter, der sich nach Prenots Leistung in seiner Ankündigung, dass man in Rio für Gold Weltrekord schwimmen muss, bestätigt sieht. Der auch über die Lagenstrecke flotte Newcomer war nicht wirklich erstaunt von seiner Zeit: "Ja, ich habe damit gerechnet so schnell sein zu können. Dafür haben wir trainiert und wir trainieren dafür die besten der Welt zu sein. Aber ganz ehrlich, es war doch ein wenig überraschend die Zeit dann wirklich auf der Anzeigetafel zu sehen."
Mittlerweile sind die USA neben Großbritannien und Japan über die Bruststrecken wieder eine der stärksten Nationen der Welt. Im Finale in Omaha schwammen drei Athleten flache 2:08er Zeiten oder schneller. "Ich glaube, wir werden langsam wie England: Stark im Brustschwimmen und schlecht im Fußball", kann sich Josh einen kleinen Seitenhieb zum EM-Aus der englischen Fußballnationalmannschaft gegen Underdog Island nicht verkneifen.
Prenot ist nicht auf den Mund und erst recht nicht auf den Kopf gefallen. Am California Institute of Technology, besser bekannt als Caltech - einer der Eliteuniversitäten der USA, studiert er Physik. Sein Lieblingsthema: Quantenmechanik. "Ich habe einen Kurs in Quanteninformatik gemacht und das wahr wohl das interessanteste Semester meines Lebens", wird der Spitzenschwimmer auf einmal zum symphatischen Nerd und schwärmt von den Möglichkeiten, die die Technologie in den kommenden Jahrzehnten eröffnen wird.
Trotz Stipendium und der einen oder anderen Freiheit war der Zeitplan mit den Kursen an der Spitzenuni und den täglichen Trainingseinheiten bisher recht voll gestopft. Deswegen zog Josh im vergangenen Herbstsemester einige Kurse vor, um sich jetzt im Olympiajahr voll auf den Schwimmsport konzentrieren zu können. Mit seinen Trainingskollegen Ryan Murphy, Tom Shields und Nathan Adrian, die sich ebenfalls alle für Olympia qualifizieren konnten, ging es immer wieder wochenlang ins Höhentrainingslager.
Eine weitere Erleichterung auf dem Weg nach Rio: Vor wenigen Monaten wechselte der bisherige College-Schwimmer ins Profilager und hat direkt ein paar Sponsoren gewinnen können. "Ich liebe es zu schwimmen. Wenn Leute mich dafür bezahlen zu schwimmen, dann werde ich das wahrscheinlich noch eine sehr sehr lange Zeit machen, denn ich genieße es einfach."
Der nächste Höhepunkt für Prenot, der in Omaha übrigens über die 100m Brust in 59,81 Sekunden als Dritter nur knapp die Olympia-Qualifikation verfehlt hatte, sind nun die Spiele in Rio. Seiner Taktik will er mit Blick auf die internationale Konkurrenz treu bleiben: "Ich will mich nicht in die Rennen der anderen hineinziehen lassen. Ich will einfach nur das tun, was ich eben tue - und das hoffentlich noch schneller." In wenigen Wochen darf er bei Olympia auf der großen Bühne zeigen, was er von den Schwimmstars gelernt hat und, dass nun er derjenige ist, dessen Videos sich die jungen Schwimmtalente anschauen sollten.