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18. Juli 2016

(18.07.2016) Heute hebt er ab, der Olympia-Flieger mit der deutschen Schwimm-Nationalmannschaft. Gut zwei Wochen lang werden sich die DSV-Asse in Florianópolis, etwa anderthalb Flugstunden südlich von Rio de Janeiro gelegen, auf die Olympischen Spiele 2016 vorbereiten. Während viele im Team zum ersten Mal Olympialuft schnuppern dürfen, ist es für Paul Biedermann die definitiv letzte große Reise seiner Schwimmerkarriere.

Als weltweit viertschnellster Schwimmer des Jahres über die 200m Freistil fliegt der vierfache Weltmeister nach Brasilien. Bei den Spielen 2008 und 2012 hatte Biedermann über seine Paradestrecke jeweils den fünften Platz belegt. Da könnte nun zum Abschluss gern etwas mehr rausspringen: "Ich trainiere nicht um Fünfter zu werden", hatte er zuletzt mehrfach erklärt.

Mit Blick auf die internationale Konkurrenz warnt er vor allem vor dem Chinesen Sun Yang und meint ansonsten: "Alle sind wirklich echt nah beieinander. Jetzt muss man schauen, wie alle bis Rio durchkommen."

Für Biedermann liefen die vergangenen Wochen reibungslos. Im Training gab es keine Ausfälle und bei der Mare Nostrum Tour legte er in Monaco einen überzeugenden Auftritt hin. Bestens vorbereitet tritt er also den Trip nach Rio an. In Brasilien wird das DSV-Team etwa einen ganzen Monat lang zusammen verbringen. Dass dies vielleicht etwas zu viel "Nähe" werden könnte, befürchtet Biedermann nicht.

"So etwas wie Lagerkoller gibt es vielleicht beim Fußball aber nicht bei Schwimmern, die es gewöhnt sind, mehrere Wochen im Trainingscamp miteinander zu verbringen", scherzt der Routinier gegenüber swimsportnews.de. "Das weiß jeder, der mal drei oder mehr Wochen in der Sierra Nevada im Höhenlager war."

Viele Camps hat Paul Biedermann in den vergangenen Jahren und Monaten vor allem mit seinen Staffelkollegen absolviert. Immer wieder ging es mit den Kandidaten für das 4x200m Freistilteam ins Trainingslager. "Das pusht natürlich, weil wir stets versucht haben, uns zu gegenseitig zu übertreffen", blickt Biedermann zurück. "Das hat sehr motiviert und Spaß gemacht." Dabei spielte jeder seine ganz persönlichen Stärken aus.

"Florian Vogel ist zum Beispiel deutlich besser im Beine schwimmen und ich wiederum im Arme schwimmen", erzählt der Weltrekordhalter. Zum dem acht Jahre jüngeren Vogel hat er über die Zeit hinweg ein enges Verhältnis entwickelt. "Dass wir menschlich gut miteinander auskommen, ist natürlich ein Bonus." Bei Olympia aber wird Vogel "nur" über die 400m-Strecke und in der Staffel zu sehen sein. Für den Einzelstart über die 200m-Strecke verpasste der Münchner überraschend die Normzeit. Stattdessen wird Christoph Fildebrandt in Rio neben Paul Biedermann über die 200m Freistil antreten.

Auch der Saarländer war ein festes Mitglied der Staffeltrainingslager. "Christoph hat uns natürlich bei den Sprints stehen lassen", meint Biedermann über Fildebrandt, der im Gegensatz zu den restlichen Staffelkollegen eher von den kurzen Freistilstrecken her kommt. Insgesamt sieht Biedermann die Staffel sehr gut aufgestellt für Rio: "Das Ziel ist das Finale. Dort muss jeder von uns alles geben und vielleicht auch ein bisschen mehr."

Die Favoriten über die 4x200m Freistil kommen aus Australien und den USA. "Die Amerikaner haben bei ihren Trials vor allem mit Blick auf die Staffel überzeugt", so Biedermann. Dahinter wird das Rennen eng und auch das DSV-Quartett könnte mitmischen.

Geht alles nach Plan, wird Biedermann am 8. August über die 200m Freistil sein letztes Einzelfinale bestreiten. Einen Tag später steht der Endlauf mit der Staffel auf dem Programm, das abschließende Rennen seiner langen Karriere. Die restliche Zeit in Brasilien will Biedermann damit verbringen, sich auch mal Sportarten anzuschauen, bei denen man sonst nicht so einfach die Gelegenheit hat Weltklasseathleten live zu erleben. Gewichtheben oder Tischtennis zum Beispiel.

"Es ist natürlich etwas Besonderes, nicht nur Teil des DSV-Teams sondern Mitglied der großen deutschen Olympiamannschaft zu sein", so Biedermann, der auch in der zweiten Olympiawoche noch in Brasilien bleiben wird. Bis zum Ende wird es sie also auskosten, seine letzte große Sportlerreise bevor er dann als "Schwimmrentner" ins heimische Halle an der Saale zurückkehrt.