(13.08.2012) Nachdem Weltrekordhalter Cameron van der Burgh gestanden hat, bei seinem Olympiasieg über die 100m Brust unter Wasser illegale Delphin-Beinschläge ausgeführt zu haben, ist die Diskussion über Unterwasserkameras im Schwimmen und damit die Einführung des Videobeweises neu entbrannt. Auch der Weltverband FINA steht dem Thema sehr aufgeschlossen gegenüber.
"Alle machen es. Wer es nicht macht, liegt hinten und verschafft sich selbst einen Nachteil", erklärte Cameron van der Burgh, nachdem er offen zugegeben hatte, im Olympiafinale über die 100m Brust in der Unterwasserphase nach dem Start mehrere Delphin-Beinschläge ausgeführt zu haben. Erlaubt ist jedoch nur ein "Kick". Hätte einer der Kampfrichter dies gesehen, wäre der Südafrikaner, der auch dank dieses Regelverstoßes zu Gold und Weltrekord schwammm, disqualifiziert worden.
Kampfrichter sehen Regelverstöße nicht
Die Chancen erwischt zu werden stehen jedoch recht gering. Aufgrund der Blickposition der Kampfrichter am Beckenrand können sie durch die Wasserverwirbelungen beim Eintauchen die Bewegungen der Athleten in der Unterwasserphase kaum wahrnehmen. Vor allem auf den mittleren Bahnen, die meist von den schnellsten Athleten besetzt sind, wird dies oft hemmungslos ausgenutzt. Bei internationalen Top Events wie Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften sorgen die Live-Bilder und Zeitlupen regelmäßig für Aufschreie bei den geschulten Beobachtern am TV-Bildschirm, da die Regelverstöße hier deutlich zu erkennen sind. Daher liegt es nicht fern, dass immer mehr Stimmen fordern, diesen Blickwinkel der Unterwasserkameras auch den Kampfrichtern zugänglich zu machen.
FINA untersucht Einführung von Videokameras
Bereits bei den Weltmeisterschaften 2009 in Rom und 2011 in Shanghai hatte der Weltverband FINA Unterwasserkameras auf allen Bahnen einführen wollen. Damals scheiterte es am Widerspruch der Ausrichter, die zu hohe Kosten befürchteten. Doch die hohen Köpfen des internationalen Schwimmsports halten weiterhin an der Idee fest. Die Aussagen van der Burghs konnten die Angelegenheit erneut anfeuern. "Kampfrichter können nur über das richten, was sie sehen. Das ist etwas, das sich unser Technisches Kommitee genau anschauen muss", erklärte so zum Beispiel FINA-Generaldirektor Cornel Marculescu. Wie genau die Umsetzung eines Videobeweises aussehen würde, ist umstritten. Die Ideen reichen von der Einführung eines "Video-Kampfrichters", der aktiv die Wettbewerbe per Unterwasserkamera verfolgt, bis dahin, die Videobilder nur bei Einsprüchen und umstrittenen Szenen einzusetzen.
Etliche ungeklärte Fragen stehen Einführung im Wege
In der Praxis dürften noch einige weitere Fragen zu klären sein. Wann wird der Videobeweis überhaupt eingesetzt? Soll es nur die Unterwasserphasen betreffen oder auch andere Teile des Rennens? Sensibel ist auch die Frage, ab welchem Wettkampflevel die Kameras verbindlich eingesetzt werden müssen. Wird ein Weltrekord nur noch anerkannt, wenn er unter diesen Bedingungen geschwommen wurde? Das Problem der Kosten für entsprechende technische Anlagen hatte die FINA wie bereits beschrieben schon bei den vergangenen Weltmeisterschaften. Angesichts dieser ungelösten Probleme ist es nicht verwunderlich, dass mittlerweile auch Forderungen laut werden, den Brustschwimmern in den Unterwasserphasen nach Start und Wende die Delphinbeinbewegungen einfach uneingeschränkt zu erlauben.
Van der Burgh ist für den Videobeweis
Derjenige, der die ganze Sache überhaupt erst wieder auf den Tisch brachte, würde sich über die Einführung von Unterwasserkameras jedenfalls freuen, obwohl gerade er von den illegalen Delphinkicks profitierte. Cameron van der Burghs Meinung zur gesamten Diskussion: "Vor zwei Jahren beim Weltcup in Stockholm hatte das keiner versucht: Die haben damals Unterwasserkameras benutzt. Das war klasse. Alles war sauber und keiner von uns musste befürchten, dass irgendeiner der Gegner es versuchen würde. Ich bin für die Einführung von Unterwasserkameras", so sein Statement.