(28.04.2016) In einer Woche beginnt für die DSV-Schwimmer der Ernst des Olympia-Jahres. Bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin müssen sie den ersten Schritt zur Qualifikation für Rio machen. Viele Blicke richten sich dabei auf das Potsdamer Top-Talent Johannes Hintze, der sich mit gerade einmal 16 Jahren für seine ersten Olympischen Spiele qualifizieren könnte.
„Klar, werde ich versuchen die Olympianorm zu schwimmen“, erklärt Johannes gut eine Woche vor Beginn der Schwimm-DM gegenüber swimsportnews. In Berlin wird er über die 200 und 400m Lagen sowie die 200m Freistil an den Start gehen.
Vor allem über die 400m Lagen stehen die Chancen des Rekordjägers, der im Nachwuchsbereich in den vergangenen Jahren fast 50 Bestmarken aufstellen konnte, nicht schlecht. Seine Bestzeit liegt hier bei 4:16,58 Minuten und ist damit nur 2,1 Zehntel über der Norm, die er im Finale der Deutschen Meisterschaften schwimmen muss.
Vorausgesetzt er hat auch die Vorlaufnorm (4:19,20) erfüllt, stünde Johannes dann auf der „Longlist“ von Chef-Bundestrainer Henning Lambertz. Nur Athleten die das geschafft haben, sind weiter im Rennen um ein Olympia-Ticket.
Abgesehen von wenigen Tagen Trainingsausfall lief die Vorbereitung auf Berlin weitgehend problemlos. „Die Maßnahmen waren jetzt erstmal so ausgerichtet, dass er bei den Deutschen Meisterschaften schnell schwimmen kann“, erklärt Norbert Warnatzsch, von dem Johannes gemeinsam mit Thomas Luckau in Postdam trainiert wird. „Sollte er die Norm schaffen, wird kontinuierliche weiter aufgebaut bis zu den Olympischen Spielen.“
Diese sollen auch aus Sicht des Trainerteams der Saisonhöhepunkt sein: „Wir haben jetzt nicht nur auf Teufel komm raus auf die Deutschen Meisterschaften hin trainiert, sondern da ist durchaus noch Potential, das Richtung Olympia zu steigern“, so Warnatzsch, der bereits Britta Steffen zu zwei Olympiasiegen führte.
Nach mehreren Trainingslagern steht dann vier Wochen vor den Spielen der letzte wichtige Schritt in Richtung Rio an. Bei den German Open in Berlin (4. bis 8. Juli) muss Johannes noch einmal jeweils im Vor- und Endlauf Normzeiten knacken.
Doch die einheimische Konkurrenz über die 400m Lagen ist stark. Unter anderem wartet hier der WM-Fünfte Jacob Heidtmann. Selbst wenn Johannes alle Normen schafft, kann es daher sein, dass er nicht mit nach Rio fährt, wenn bei der Schwimm-DM in Berlin zwei Athleten schneller waren.
Ein Weltuntergang wäre das noch lange nicht. „Wir bauen Johannes behutsam und strategisch auf. Es soll hier keine vorschnelle Spezialisierung geben“, erklärt Norbert Warnatzsch ganz gelassen. Die vielseitige Ausbildung im Lagenbereich solle für Johannes die Grundlage darstellen, um später auch auf andere Strecken ausweichen zu können, so wie jetzt bereits die 200m Freistil oder auch mal die 200m Schmetterling.
Über die 200m Freistil knackte Johannes im vergangenen Jahr auf der Kurzbahn den zuvor von Michael Groß gehaltenen Altersklassenrekord. Auf der Langbahn kratzte er bereits im Frühjahr an seiner Bestzeit über die 200m Freistil (1:50,18).
„Natürlich stimmt das positiv, wenn man aus dem Training heraus schon so eine Zeit schafft. Aber ich bleib da ganz cool und werde sehen, was bei den Deutschen Meisterschaften herauskommt,“ so Johannes. Mit etwas Glück könnte er sogar in die Vergabe der Staffel-Tickets über die 4x200m Freistil eingreifen.
Dieses Spektrum an Strecken und auch das Niveau auf dem Johannes sich in seinem jungen Alter bereits bewegt, lassen Beobachter immer wieder Parallelen zu US-Star Michael Phelps ziehen. Das Nachwuchstalent selbst ist da eher bescheiden:
„Ich würde mich niemals mit ihm vergleichen. Klar, sehe ich das auch als Kompliment, aber Phelps ist einfach in jeder Hinsicht der größte Athlet aller Zeiten. Ich bin jemand, der gerade mal ein paar Medaillen beim EYOF (European Youth Olympic Festival, Anm.d.Red.) geholt hat, da ist so ein Vergleich sicher nicht angebracht.“
Mittlerweile kommen zwar bei Wettkämpfen auch ab und an andere Sportler und bitten um ein Autogramm. „Das ist natürlich ein schönes Gefühl“, so Johannes. Aber: „Ich mache einfach mein Ding und baue mir da gar keinen Druck auf.“
Das Vertrauen in das eigenen Können und die Trainer, innere Gelassenheit und beste körperliche Voraussetzungen. Das zeichnet das „Gesamtpaket Hintze“, wie Norbert Warnatzsch ihn beschreibt, aus. Und eine gesunde Portion Ehrgeiz.
Denn langfristig lautet das Ziel des Youngsters: „Irgendwann bei den Spielen ganz oben stehen.“ In Rio könnte er schon mal reinschnuppern in die Olympische Luft. Den ersten wichtigen Schritt dahin kann er in der kommenden Woche bei den Deutschen Meisterschaften machen.
Ein ausführliches Portrait über Johannes Hintze gab es auch in der Winterausgabe des swimsportMagazine. Das Heft kann HIER nachbestellt werden.
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