(04.10.2014) Der deutsche Schwimmverband hat scheinbar die Ergebnisse der letzten Saison genauestens analysiert und nun erste Konsequenzen aus den Leistungen bei den Deutschen Meisterschaften und der Schwimm-EM gezogen. Ab Montag übernimmt der Kroate Miro Zeravica die Position des Cheftrainers am Olympiastützpunkt Berlin.
Der in Split geborene Miro Zeravica ist 42 Jahre alt und wurde 1999 Kurzbahneuropameister über 50 Meter Rücken in Lissabon. Seit 2008 war er Trainer beim PK Janaf Swimming Club in Sisak und trainierte hier einige kroatische Nationalschwimmer. Nun übernimmt er in der Hauptstadt die A-Trainingsgruppe, in der unter anderem die EM-Teilnehmerinnen Sonnele Öztürk und Lisa Graf, sowie der Olympia-Vierte Tim Wallburger trainieren werden.
Mit der Personalie Zeravica ändert sich die Trainingsgruppenstruktur am OSP Berlin grundlegend. Dies geht aus Informationen hervor, die swimsportnews aus Sportlerkreisen exklusiv vorliegen. Die sogenannte A-Trainingsgruppe umfasst zehn Athleten, die nach Meinung des Deutschen Schwimm-Verbandes und des OSP Berlin eine Perspektive für Olympia haben. Die B-Trainingsgruppe, die künftig vom bisherigen A-Trainer Lasse Frank trainiert wird, soll in der neuen Saison den Anschluss an die Gruppe vom neuen Coach schaffen. Darunter befinden sich zum Beispiel Tony Fitterer, Tobias Zajusch oder Margarethe Hummel.
Harald Gampe, der Sonnele Öztürk zur Heim-EM geführt hatte, ist künftig nur noch für die Sportler ab der sechsten Klasse verantwortlich. Überraschend ist dabei vor allem der Rahmen der Verkündung. Gampe wurde nicht vor den Sportlern informiert, sondern genau wie alle anderen OSP-Mitglieder sowie Schwimmer und Schwimmerinnen in einer gemeinsamen Sitzung. Es scheint als wäre er bei den Entscheidungen außen vorgelassen worden.
Beschlossen hat diese Umstrukturierung der DSV, genauer gesagt Chef-Bundestrainer Henning Lambertz, zusammen mit dem Berliner Stützpunktleiter Gerd Eßer, die damit auf die schwachen Leistungen der Berliner in der vergangenen Saison reagierten.
Man darf gespannt sein, ob der Plan aufgeht, denn nach unseren Informationen unterscheiden sich die Philosophien von Lambertz und Zeravica gewaltig. Henning Lambertz hatte Anfang des Jahres noch ein Konzept vorgestellt, an dessen Spitze die zielgerechte Nachwuchsförderung, eine verstärkte Leistungsdiagnostik und die Steigerung der Trainingsumfänge stehen. Diese Kernpunkte waren eine erste Reaktion auf die schlechten Ergebnisse der DSV-Athleten in den vergangenen Jahren zu denen der Bundestrainer sagte: „Wir haben in Deutschland vergessen, viel und hart zu trainieren.“
Miro Zeravica gilt allerdings als absoluter Sprinttrainer, in Hochzeiten wolle er 1000 Liegestütze am Tag absolvieren lassen, seine Sportler sollen 150 Kilogramm beim Bankdrücken stemmen und Klimmzüge mit 50 Kilogramm Zusatzgewicht absolvieren. Zudem soll eher weniger wert auf umfangreiche Trainingsprogramme legen.
Es scheint als wisse die sportliche Führung gar nicht so richtig, was der neue Berliner Coach überhaupt vorhat. Dazu passt, dass Gerd Eßer und Lasse Frank regelrecht entgeistert auf die Ansichten von Zeravica reagiert haben sollen. Der Kroate soll sogar eine intensive Erwärmung für nichtig erklärt haben. Man brauche alle Energie fürs Training, wozu brauche man da eine Erwärmung, soll er seinen Athleten erklärt haben.
Es wird angenommen, dass er zumindest das Training für Graf, Wallburger, Öztürk oder auch den Östereicher Felix Auböck so anpasst, dass sie genug Kilometer absolvieren. Seine Pläne würden ansonsten wohl nur den Sprintern Maximilian Oswald und Anna Dietterle weiterhelfen.
Seit der vergangenen Woche befindet sich Miro Zeravica in Berlin, ab Montag nimmt er offiziell seine Arbeit auf. Es bleibt abzuwarten, wie seine Sportler bei den kommenden Wettkämpfen abschneiden werden. Letztlich wird er sich daran messen lassen müssen.
Bild: Alibek Käsler