(24.07.2009) Mit großer Mehrheit haben die Delegierten des FINA-Kongresses heute die Rückkehr zu “textilen” Anzügen ab dem 01. Januar 2010 beschlossen. Von den 187 vertretenen Nationen stimmten 180 dafür die Hightech-Anzüge von LZR Racer hin zu Jaked und Co. wieder aus den Schwimmbecken dieser Welt zu verbannen. Für Männer soll es nur noch Shorts geben, die Frauenanzüge dürfen nur bis zum Knie gehen und die Schultern frei lassen.
Damit ist auch die Frage, aus wieviel “undurchlässigem” oder “nichttextilem” Material ein Anzug bestehen darf, geklärt: gar keines. Die Delegierten des FINA Kongresses haben damit, die Entwicklungen der vergangenen anderthalb Jahre im Auge habend, die wohl striktest mögliche Regelung getroffen. Außerdem erspart sich der Weltverband damit den Zwang, wissenschaftlich nachvollziehbare Grenzwerte für die Wirkung der Anzüge aufstellen zu müssen. Letztlich ist an dem Versuch, diese Einflüsse der Materialien zu bestimmen, eine Klärung der Problematik noch vor den Weltmeisterschaften gescheitert, da fast jeder Anzughersteller Wissenschaftler auf seiner Seite wusste, die in der Lage waren gegenteilige Beweise zu führen.
Die neuen Regelungen sollen durch das FINA Büro, welches neu gewählt wird und in dem sich auch DSV-Präsidentin Christa Thiel einen Sitz erhofft, ausgestaltet werden. Bereits gestern hatten die Regelverantwortlichen der FINA dafür gestimmt, Schwimmanzüge in die Hilfsmittel betreffende Regel SW10.7 aufzunehmen. Doch es sind noch einige Fragen zu klären. So muss definiert werden, was unter “textilen” Materialien zu verstehen ist und ob diese eine spezielle Struktur aufzuweisen haben. Geklärt ist die Frage nach der Form der Anzüge. Dabei hat der FINA Kongress die nahezu radikalsten Lösung in dieser Hinsicht beschlossen: Männer dürfen nur Hosen tragen, die höchstens vom Bauchnabel zu den Knien gehen. Die Anzüge der Frauen müssen die Schultern frei lassen, dürfen ebenfalls nicht über die Knie hinausgehen und sollen keine Reißverschlüsse haben. Wie mit den Weltrekorden, die in den Hightech-Anzügen geschwommen wurden, umgegangen wird, muss noch geklärt werden. Insgesamt fielen, seitdem der LZR Racer von Speedo die Schwimmwelt auf den Kopf stellte, mehr als 150 Weltrekorde. Diese aus den Geschichtsbüchern zu tilgen wird nur schwer möglich sein, zumal sie nicht alle in den bald nicht mehr erlaubten Anzügen geschwommen wurden. Diskutiert wird unter anderem die Möglichkeit, diese mit einer Fußnote zu versehen.
Weltweite Zustimmung – Maglione folgt Larfaoui auf dem Chefsessel
Die grundsätzliche Rückkehr zu einem Sport, in dem der Schwimmer im Mittelpunkt steht und keine Diskussionen nötig sind über das Material, in dem er schwamm, trifft auf breite Zustimmung in der Schwimmwelt. “Das ist das Ergebnis, das wir uns gewünscht haben”, sagte Bundestrainer Dirk Lange.
Auch sein australischer Kollege Alan Thompson und US-Cheftrainer Mark Schubert äußerten sich zufrieden. Von einer neuen Ära sprach Julio Maglione, der die Nachfolge von Mustapha Larfaoui als Präsident der FINA antritt. Larfaoui stand über 20 Jahre an der Spitze des Schwimmweltverbandes, musste sich jedoch in den vergangenen Monaten die Vorwürfe gefallen lassen in der “Anzugkrise” nicht präsent gewesen zu sein und die Problematik unterschätzt zu haben. Er stellte sich in Rom nicht erneut zur Wahl.
Die “neue Ära” ist dabei jedoch letztlich nur eine Rückkehr zu den Wurzeln des Sports. Doch die FINA sollte nun sensibilisiert sein für Problematiken dieser Art. Die Weltmeisterschaften in Rom, welche noch unter den “alten” Anzugregelungen stattfinden, werden dabei wohl einen festen Platz in der Geschichte des Schwimmsports einnehmen. Sicher keinen im Glanzlicht, jedoch zumindest einen mahnenden.