11. Dezember 2025

Betrachtet man die zahlreichen Erfolge von David Popovici, fällt es schwer zu glauben, dass der rumänische Schwimmstar gerade einmal 21 Jahre alt ist. Der Olympiasieger über 200m Freistil und Bronzemedaillengewinner über 100m Freistil ist vierfacher Weltmeister – und brach 2022 als zweitjüngster Schwimmer überhaupt den Weltrekord über die 100m Freistil. Auch wenn er diese Bestmarke aktuell nicht mehr hält, zählt Popovici auf der internationalen Schwimmbühne zweifellos zu den größten Ausnahmetalenten. Im Interview mit uns erzählt er, wie entscheidend die mentale Stärke für seine eindrucksvolle Karriere ist und wie er es schafft, in den wichtigsten Momenten über sich hinauszuwachsen. 

Du bist einer der gefeiertsten Athleten in Rumänien und eine aufstrebende Kraft im internationalen Schwimmsport. Wie gehst du mit dieser Sichtbarkeit und den Erwartungen um?

Es gibt mir sowohl Demut als auch Motivation. Ich versuche, die Erwartungen nicht als Druck zu sehen, sondern als Erinnerung daran, was für ein Glück ich habe, das tun zu können, was ich liebe – und andere dadurch inspirieren zu können.

Rumänien ist traditionell nicht als Schwimmnation bekannt — siehst du das eher als Herausforderung oder als Chance? 

Definitiv als Chance. Es ist spannend, Teil einer Generation zu sein, die zeigen kann, was im rumänischen Schwimmsport und anderen Sportarten möglich ist. Wenn das, was ich tue, mehr Kinder dazu ermutigt, mit dem Schwimmen zu beginnen, ist das bereits ein großer Erfolg.

Wie sieht dein Trainingsalltag aus — im Wasser und außerhalb davon? Hat sich dein Training stark verändert, seit du vom Junioren- zum Seniorenbereich übergegangen bist? 

Es hat sich weiterentwickelt, nicht nur in der Intensität, sondern auch im Gleichgewicht. Inzwischen sind Erholung, Qualitätszeit mit geliebten Menschen und mentale Arbeit genauso wichtig geworden wie Trainingskilometer im Becken. Jede Einheit ist mit einer klaren Absicht geplant, nicht nur mit Volumen.

Hast du eine Lieblings-Trainingseinheit — oder eine, die dich besonders fordert? 

Ich mag die Einheiten, die mich mental herausfordern. Manchmal sind das die härtesten Sets, ein anderes Mal technische Arbeit, bei der Präzision zählt. Ich mag alles, was mich etwas Neues über mich oder über mein Schwimmen lernen lässt.

Du arbeitest seit Jahren eng mit deinem Trainer Adrian Rădulescu zusammen. Was hält eure Partnerschaft so stark und produktiv? 

Sie basiert auf Vertrauen, Ehrlichkeit und echter Kommunikation. Wir sind gemeinsam gewachsen, und er kennt mich nicht nur als Athleten, sondern als Menschen — mit meinen Stärken und Zweifeln. Wir reden viel, und nicht nur über Technik oder Training. Manchmal gehen unsere Gespräche tiefer — über die mentale Einstellung, über Balance, darüber, wie man als Mensch weiterwächst, nicht nur als Sportler. Ich habe so viel von ihm gelernt, innerhalb und außerhalb des Beckens. Wir fordern uns gegenseitig positiv heraus, und das hält alles lebendig, dynamisch und bedeutungsvoll.

Wie stark bist du selbst in die Trainingsgestaltung und Saisonplanung eingebunden? 

Ich bin sehr stark eingebunden. Meine Trainer passen viele Teile des Trainings an das Feedback an, das ich ihnen gebe. Nach so vielen Jahren Zusammenarbeit wissen wir alle, dass es nicht immer nur darum geht, in jeder Einheit härter zu pushen - auf den Körper und den Geist des Athleten zu hören, ist eine unterschätzte Fähigkeit, die viele Teams vernachlässigen.

Was würdest du als deine größte Stärke im Wasser bezeichnen? 

Meine größte Stärke ist Vertrauen: in die Arbeit, in den Prozess, in mein Team und in mich selbst. Bevor ich ins Wasser springe, kenne ich die Antwort bereits. Wenn ich jeden Schritt respektiert habe — jedes Training, jede Erholung, jede Mahlzeit, jeden Rat — dann habe ich in gewisser Weise schon gewonnen. Denn wenn du alles gegeben hast, bleibt kein Raum für Zweifel. Das Wasser wird einfach der Ort, an dem all diese Arbeit ihre Stimme findet.

Was war bisher der emotionalste Moment deiner Karriere? 

Der emotionalste Moment war definitiv der Gewinn der olympischen Goldmedaille 2024. Es war das erste Mal, dass ich wirklich das Gefühl hatte, dass alles, wovon ich je geträumt hatte, Wirklichkeit geworden ist. Es ging nicht nur um die Medaille, sondern darum, zu spüren, wie weit ich gekommen bin — und all die Opfer und Mühen auf einmal zu fühlen. Es markierte den Beginn eines neuen Kapitels.

Du wirkst sehr ruhig und reflektiert. Woher kommt diese innere Balance — war sie schon immer Teil von dir, oder musstest du daran arbeiten? 

Diese Ruhe kam mit der Zeit — damit, erwachsen zu werden, mir selbst zu vertrauen und zu verstehen, was wirklich zählt. Sie kommt auch von der Liebe und Unterstützung der Menschen, die mich erden, egal wie schnell sich alles bewegt. Aber natürlich habe ich auch daran gearbeitet. Ich habe erkannt, dass Balance dort entsteht, wo ich fokussiert auf meine Ziele bleibe, aber gleichzeitig Platz für die Dinge lasse, die mir Freude bringen.

Du bist vom Außenseiter zum Favoriten geworden — und hast sowohl im Junioren- als auch im Seniorenbereich große Erfolge erzielt. Spürst du heute mehr Druck, oder motiviert dich diese Rolle? 

Ich sehe es nicht als Druck. Es gehört einfach zur Entwicklung dazu. Wenn Menschen mehr erwarten, bedeutet das, dass du etwas richtig gemacht hast. Ich konzentriere mich weiterhin auf die Dinge, die ich kontrollieren kann: Training, Einsatz, Einstellung — der Rest ergibt sich.

Viele erwarten, dass du weitere Weltrekorde brichst. Ist das ein Ziel, das du aktiv verfolgst — oder hast du andere Prioritäten? 

Mehr als eine Medaille oder ein Rekord bewegt mich, wenn ich andere unterstützen kann, die nicht die gleichen Chancen hatten wie ich. Dieses Jahr war einer der Momente, auf die ich am stolzesten bin, als wir gemeinsam mit privaten Spendern und Unternehmen Mittel für außergewöhnliche Teenager aus schwierigen Hintergründen gesammelt haben — Jugendliche, die keinen leichten Start hatten, aber durch herausragende Leistungen in Bildung, Sport und Kunst glänzen.
Und Anfang nächsten Jahres werde ich „Sprint with the Stars“ nach Rumänien bringen — ein Event, bei dem junge Schwimmer das Becken mit Weltmeistern teilen können. Für mich ist das der wahre Sinn von Erfolg: andere voranbringen, während man selbst weiter an seine Grenzen geht.

 

Bild: Arena / La Presse