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24. November 2024

Schwimmer sind schon besondere Geschöpfe. Von Geburt an eigentlich für das Leben an Land gemacht, entwickeln sie in unzähligen Stunden des Bahnenziehens Eigenschaften, die sich an Land in ulkigen Formen äußern. Dabei Ranken sich viele Mythen und Vorurteile etwa über die Koordination oder den schlaksigen Gang von Schwimmern. Doch wie viel ist dran an den Vorurteilen über das „Landleben“ eines Schwimmers? Wir stellen die fünf gängigsten Mythen auf den Prüfstand.

Der Gummifuß – Umknicken vorprogrammiert

Egal ob beim Basketball, Tanzen, dem Besteigen eines Bordsteins oder auch einfach dem Laufen durch den Mediamarkt, nirgendwo ist ein Schwimmer wirklich gefeit vor der Gefahr des Umknickens. In kaum einer anderen Sportart ist die Beweglichkeit des Fußes so wichtig wie im Schwimmen. Wenn der Fuß sich nicht weit genug nach vorn überstrecken lässt, sollte man sich Langflossen kaufen, um mit den Beinen überhaupt noch voran zu kommen. Im gefährlichen Leben zu Lande hat die hohe Beweglichkeit jedoch den klaren Nachteil der Instabilität. Die Kräfte auf den Fuß wirken beim Schwimmen meist in dieselben und vorhersehbaren Richtungen. Abstöße und Beinschläge sind keine Bewegungen, bei denen die Fußgelenke sehr viel zu korrigieren haben. Anders sieht das bei sogenannten „High-Impact-Sportarten“ wie Fußball oder Turnen aus. Hier sind die Muskeln und Bänder um die Fußgelenke deutlich mehr gefordert um den Fuß zu stabilisieren. Das fördert die Sicherheit im Stand. Beweglichkeit und Stabilität im Fuß sind jedoch zwei Aspekte, die im Schwimmen nicht einfach zu verbinden sind. Natürlich kann man z.B. mit Training auf weichen Untergründen die Stabilität des Fußgelenks trainieren. Eine einhundertprozentige Prävention gibt es wie so oft aber nicht. 
Dieser Mythos ist: WAHR!

Fang! Ups… Schwimmer, die Slapsticker unter den Sportlern?

Wie oft haben wir schon probiert lässig etwas zu fangen oder die Bananenschale aus drei Metern Entfernung in den Mülleimer zu werfen und haben uns dabei zur Lachnummer gemacht? Dem einen oder anderen ist nach solch einer Slapstick-Einlage dann auch schon das schöne Kompliment gemacht worden, dass Schwimmer eben koordinative Handlampen sind. Doch gibt es überhaupt einen Grund für diese Meinung? Forscher aus Taiwan haben sich dem Vorurteil angenommen. Die Studie aus dem Jahr 2010 hat die Hand-Augen-Koordination von Schwimmern und Nicht-Schwimmern untersucht und verglichen. Dabei kamen sie zu einem erstaunlichem Ergebnis: Im Gegensatz zur landläufigen Meinung, stellten sie fest, dass Schwimmen die Koordination im Oberkörper sogar verbessert und zudem zu einer gesteigerten Bewegungsstabilität im Rumpf beiträgt. Dass Schwimmer nicht mit den Ballkünsten von Handballern oder mit der Grazie eines Turners mithalten können, ist logisch, aber die rote Clownsnase müssen sich Schwimmer deshalb noch lange nicht aufsetzen lassen! 
Dieser Mythos ist: FALSCH!

Schwimmer erkennt man auf den ersten Blick!

Gleich mehrere Merkmale eines Schwimmers lassen bereits an Land auf sein nasses Hobby schließen. Abgesehen von den breiteren Schultern oder seinem Chlorgeruch, stehen besonders zwei Merkmale eines Schwimmers heraus: seine Haltung und sein Gang! Den Gang eines Schwimmers in Worte zu fassen ist schwer. Doch mutet er eher watschelig an und äußert sich meist durch X-Beine in verschiedenen Ausprägungen. Grund hierfür sind vor allem die bei Schwimmern stärker ausgeprägten Muskeln an der Oberschenkel-Innenseite. Sie drehen die Knie nach innen, was dann zu X-Beinen führen kann. Erkennt man ihn nicht an den Beinen, kann man den Schwimmer aber auch an seiner Haltung identifizieren. Besonders Brust- und Schmetterlingsschwimmer neigen dazu, in eine krumme Schulterhaltung zu fallen. Eine starke Brustmuskulatur sorgt dafür, dass die Schultern und der Kopf nach vorn gezogen werden. Der besonders für die Schultern ungesunden Haltung muss durch verstärktes Training der kleinen Muskeln um und zwischen den Schulterblättern entgegengewirkt werden. Langfristig können sich sonst Schulter- und Rückenschmerzen einstellen. 
Dieser Mythos ist: WAHR!

Achtung zerbrechlich! Schwimmer haben weiche Knochen 

Dass Schwimmer nicht ganz dicht sind, können vor allem Schwimmer selbst bestätigen. Doch was, wenn daran wortwörtlich etwas dran ist? Wir sagen natürlich nicht, dass Schwimmer nicht mehr alle Tassen im Schrank haben. Gemeint ist die Dichte unserer Knochen! Mehrere Studien haben gezeigt, dass die Knochendichte von Schwimmern geringer ist, als die eines Normalsterblichen. Besonders in den Wachstumsphasen der Knochen, also im Kindes- und Jugendalter bilden sich die Knochen je nach Belastung fester oder eben wie bei einem Schwimmer weniger fest aus. Beim Schwimmen wird der Körper durch das Wasser deutlich entlastet. Er muss sich also nicht selbst tragen, was dazu führt, dass das Knochenwachstum gebremst wird. Besonders bei Kindern und Jugendlichen, die bereits sehr früh viel Zeit im Pool verbringen, ist das Risiko einer zu geringen Knochendichte im Erwachsenenalter erhöht. Grund dafür ist, dass die Knochenstruktur im ausgewachsenen Alter wesentlich vom Wachstum in der Kindheit bestimmt wird. Für feste Knochen sollten sich junge Schwimmer also doch immer mal wieder an Land bewegen, um die Schwerkraft nicht ganz zu „verlernen“. Krafttraining, Laufen oder Spielsportarten können hier einen guten Ausgleich zum Schwimmen schaffen.
Dieser Mythos ist: WAHR!

Endstation Schwimmen - nichts mit anderen Sportarten

Wer mit dem Schwimmen anfängt, sollte auch dabei bleiben. So lautet ein verbreitetes Vorurteil gegenüber Schwimmern, die sich dazu entschließen, es der Evolution gleich zu tun und sich nun an Land fortzubewegen. Langjährige Bahnenzieher haben mit ihren leichteren Knochen und weicheren Gelenken klar Nachteile, die sich an Land negativ auswirken können. Doch bringt ein gut ausgebildeter Schwimmer auch einige Vorzüge mit, die andere Sportler oft vermissen lassen. Auf der Hand liegen diese in Sportarten, die dem Schwimmen recht nahe sind. So gibt es viele Schwimmer, die sich in ihrer zweiten Karriere als Wasserballer oder Flossenschwimmer wiederfinden. Aber damit sind wir immer noch im Wasser. Wie sieht es außerhalb des Beckens aus? Schwimmer sind meist recht groß, haben lange Arme, große Hände und eine kräftige Rumpfmuskulatur. Zudem haben sie eine sehr hohe Grundausdauer. Beim Rudern und im Kanurennsport sind Schwimm-Aussteiger deshalb durchaus beliebt. Ein gutes Beispiel für einen gelungenen Umstieg ist der Ex-Schwimmer Oliver Zeidler, der beim Rudern derzeit in der absoluten Weltspitze mitmischt. Mehr Probleme hingegen haben Schwimmer bei sehr gelenkbelastenden Sportarten. Beim Fußball, Handball aber auch beim Laufen muss sich der Körper erst lang daran gewöhnen, dass nicht jede Sportart so gelenk- und bänderschonend ist wie das Schwimmen.
Dieser Mythos ist: Zu 70% FALSCH!

Der komplette Artikel erschien erstmals in der Herbstausgabe 2019 des swimsportMagazine. Alle noch verfügbaren Ausgaben der Zeitschrift für den Schwimmsport können im großen swimsportMagazine-Paket bestellt werden. Zum Sonderpreis erwarten euch hier mehr als 1500 Seiten geballtes Schwimmwissen --> Das swimsportMagazine-Paket