Er fließt bei Siegesfeiern, bei Autorennen wird auf er auf dem Podium durch die Gegend gespritzt und auch zur Entspannung greifen Athleten gern mal zu: Alkohol tritt nicht nur im gesellschaftlichen Alltag sondern auch im Sport immer wieder in Erscheinung. Wir gehen der Frage nach, welchen Einfluss der Konsum von Alkohol auf die Leistung und Entwicklung von Athletinnen und Athleten haben kann.
Ein Schnaps vor dem Start, ein Wein zur Stärkung bei der Tour de France oder mit ein, zwei Bier intus aufs Fußballfeld – Was aus heutiger Sicht absurd klingt, war in den frühen Tagen des Leistungssports gang und gäbe. Alkohol galt aufgrund seiner enthemmenden Wirkung als leistungssteigerndes Aufputschmittel. Dass dies ein Irrglaube war und Ethanol, so die chemische Bezeichnung der legalen Alltagsdroge, alles Mögliche mit dem Körper macht, aber definitiv die Leistung nicht steigert, wurde spätestens dadurch klar, dass die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA den Alkohol mit Beginn des Jahres 2018 von der Liste der verbotenen Substanzen strich.
Eine Steigerung der sportlichen Leistungen ist mit Alkohol eben nicht zu erzielen – im Gegenteil: Alkohol ist ein echter Leistungskiller und das noch nicht einmal, wegen der benebelnden Wirkung und dem einhergehenden Kontrollverlust, sondern wegen dem, was bei seiner Verarbeitung in unserem Körper geschieht. Alkohol wird in der Leber in Acetaldehyd umgewandelt, einen Giftstoff, den unser Kreislauf natürlich so schnell wie möglich wieder loswerden will. Deswegen fokussieren sich die Körperfunktionen auf die Verarbeitung des Alkohols und die für den Sport wichtige Verwertung von Kohlenhydraten, Fetten und Einweisen tritt in den Hintergrund. Die wenige Energie die unser Körper dabei noch zum Beispiel durch die Verbrennung von Kohlenhydraten gewinnt, geht zu einem hohen Teil beim Alkoholabbau drauf. Da Ethanol eine Kohlenstoffverbindung ist, bringt der Stoff zwar mit sieben Kalorien pro Gramm ein höheres Energiepotential mit als zum Beispiel Zucker. Doch da der Abbau deutlich aufwendiger ist, nützen diese Zusatzkalorien rein gar nichts.
Ein weiterer Nachteil des Alkoholabbaus: Er entzieht dem Körper Flüssigkeit, da er die Niere indirekt vermehrt dazu anregt, dass Wasser ausgeschieden wird. Auch diese Dehydration schmälert die Leistungsfähigkeit unseres Körpers. Da der Alkoholabbau eine sehr lange Zeit benötigt, können die Auswirkungen – auch wenn der Ethanol mittlerweile voll abgebaut ist – die sportlichen Kapazitäten auch 72 Stunden später noch beeinflussen.
Also: Alkohol vor dem Sport mindert die Leistungsfähigkeit. Klingt erstmal nicht überraschend. Doch wie ist es mit dem Feierabendbier nach dem Training? Rein intuitiv würde man denken, dass Menschen, die viel Sport treiben, aufgrund des vermeintlich gesünderen Lebensstils tendenziell weniger Alkohol trinken. Doch das genaue Gegenteil ist der Fall. Wie eine Studie der Pennsylvania State University ergeben hat, nehmen sportlich regelmäßig aktive Menschen mehr Alkohol zu sich – vor allem an den Tagen, an denen Sport gemacht wurde. Der „Belohnungsdrink“ mag dann zwar besonders gut schmecken. Da der Alkohol aber die Kohlenhydrat- und auch Proteinverarbeitung verlangsamt und zudem die Testosteronausschüttung hemmt, wirkt er sich auch negativ auf die so wichtigen Regenrationsprozesse aus. Wie Studien nachgewiesen haben wird das Muskelwachstum dadurch gebremst und die Auffüllung der Glycogenspeicher nur eingeschränkt funktioniert. Man bringt sich also selbst um Früchte der harten Arbeit, da die erhofften Trainingseffekte ausbleiben.
Noch gravierender können die Einflüsse von Alkohol bei minderjährigen Athleten sein. Grundsätzlich sollten Jugendliche wegen der noch nicht abgeschlossenen körperlichen Entwicklung zwar die Finger davon lassen. In der Realität sind aber gerade die Teenagerjahre das Alter, in dem viele den Alkohol für sich entdecken, damit experimentieren und auch die Grenzen austesten. Vor allem junge Athleten sollten sich der Wirkungen aber bewusst sein, denn die Phase zwischen 16 und 20 Jahren ist auch für die spätere sportliche Entwicklung entscheidend. Nicht nur muskulär sondern auch hormonell sowie neuronal werden hier wichtige Weichen gestellt. Der Alkohol kann diese nachhaltig blockieren. Da er viele Kapazitäten der Leberaktivität bindet, hemmt er das Organ an der Synthese wichtiger Wachstumshormone und beeinträchtigt damit unter anderem auch die muskuläre Entwicklung. Studien haben zudem gezeigt, dass sich Alkohol bei Jugendlichen negativ auf den Teil des Gehirns auswirkt, der für das Gedächtnis und auch die Bewegungserinnerung zuständig ist – sprich er beeinflusst auch die koordinativen Fähigkeiten und das nicht nur, wie so mancher schon am eigenen Leib erfahren hat, wenn er konsumiert wird, sondern auch später noch.
All das heißt nicht, dass Sportler zwingend abstinent durchs Leben gehen sollen. Die Verantwortung über den eigenen Körper liegt schließlich bei jedem selbst und gerade Hobbysportler müssen sicherlich kein schlechtes Gewissen haben, wenn sie sich ab und an ein Glas Rotwein gönnen. Je größer die Ziele aber sind, desto bewusster müssen sich die Athleten darüber sein, dass Höchstleistung und Hochprozentiges nicht zusammengeht.
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