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07. August 2024

Es ist soweit: Morgen und am Freitag stehen bei den Olympischen Spielen in Paris die Freiwasserrennen über 10km auf dem Programm. Lange wurde spekuliert, ob der Plan der Olympia-Gastgeber, die Open Water Events in der Seine auszutragen, aufgehen würde. Weniger als 24 Stunden vor Start des Damenrennens sieht alles danach aus, dass dieses wie geplant stattfinden wird.

Heute Morgen durfte erstmals im Fluss trainiert werden, nachdem die Trainingssession am Dienstag noch abgesagt werden musste. Florian Wellbrock, Oliver Klemet und Leonie Märtens nutzten die Gelegenheit, um sich mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut zu machen.

Trotzdem herrscht wohl Ungewissheit bis zur letzten Minute: Die finale Entscheidung über die Austragung des Rennens wird wohl erst gegen 4 Uhr morgens am Renntag gefällt. Neben der Wasserqualität, die nach derzeitigen Stand laut den Organisatoren im grünen Bereich ist, richtet sich der Blick dabei auch auf die Strömungsgeschwindigkeit im Fluss.

Hierfür wurden am Mittwochmorgen Fließgeschwindigkeiten von 0,4 bis 0,8 m/s angegeben, die laut den Veranstaltern bis zum ersten Rennen noch weiter sinken soll. Würde dies tatsächlich eintreten, könnte es die Schwierigkeit, die Hälfte des Rennens gegen die Strömung zu schwimmen, etwas abmildern. Eine Herausforderung bleibt es dennoch.

Geben die Organisatoren am Wettkampftag grünes Licht, steht für 7:30 Uhr der Startschuss am Pont Alexandre auf dem Programm. Für die Aktiven bedeutet das: 4:30 Uhr Frühstück, dann ab in den Bus und im Morgengrauen zur Wettkampfstrecke. Damit sich die deutschen Open Water Asse auf diesen Ablauf einstellen können, klingelt bei ihnen bereits seit einigen Tagen in aller Frühe der Wecker. 

Nach dem Rennstart gilt es in der Seine sechs Runden mit jeweils etwa 1,6km Länge zu absolvieren. Dabei wird zunächst rund 700m mit der Strömung geschwommen. Hier könnten die Ausdauer-Asse Geschwindigkeiten erreichen, die man sonst eher von den 50m Freistil kennt. 

Nach dem schnellen Sprint gibt es direkt die erste schwierige Situation: Es muss aus dieser vergleichweise hohen Geschwindigkeit heraus quer zur Strömung abgebogen werden. Dabei lauert die Gefahr, mit der Strömung weiter in Fließrichtung abzutreiben - und gegebenfalls auch von neben einem schwimmenden Konkurrenten mitgerissen zu werden. 

Nach der Kehrtwende wartet dann eine Herausforderung, mit der kaum jemand im Wettkampffeld bisher Erfahrungen gemacht hat: Etwas mehr als 700m geht es gegen die Strömung zurück, möglichst nah an der Flussmauer, da hier die Strömung weniger stark ist als in der Flussmitte. Eine Problemstelle dabei: Es muss jeweils auch unter der Invalidenbrücke durchgeschwommen werden. Hier kann es zu zusätzlichen Verwirbelungen kommen, wie schon die Triathlon-Wettbewerbe gezeigt haben. 

Eine weitere kritische Situation wartet bei der an der Kopfseite des Kurses platzierten Verpflegungsstelle. Da diese in der Mitte des Flusses ist, herrscht hier die stärkste Strömung. Das heißt, das Feld wird versuchen, möglichst eng an der Verpflegungsstelle entlang zu schwimmen. Kollisionen mit Gegnern sowie das Verschütten oder Verpassen der Verpflegung können die Folge sein.  

All das wiederholt sich also sechsmal, etwa zwei Stunden lang, bis die Champions der 10km-Rennen feststehen. Keiner im Feld hat zuvor ein derart wichtiges Rennen bei solchen Bedingungen absolviert. Wer am Ende also die Plätze auf dem Treppchen erobern wird, scheint so offen zu sein, wie selten zuvor bei den ohnehin oft schwer ausrechenbaren Freiwasserrennen. Leonie Beck und Leonie Märtens greifen am Donnerstag im Rennen der Damen an, tags darauf sind Oliver Klemet und Florian Wellbrock gefordert. Wir dürfen gespannt sein - oder wie Bundestrainer Bernd Berkhahn es ausdrückt: "Niemand weiß so genau, was auf uns zukommt."

Die wichtigsten Links zu den Olympischen Spielen 2024:

Bild: IMAGO / Xinhua