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29. Mai 2024

(29.05.2024 | Bild: Tino Henschel) In gerade einmal 59 Tagen ist es soweit und die Beckenwettbewerbe bei den Olympischen Spielen in Paris beginnen. Während sich die nationalen und internationalen Schwimm-Asse auf Hochtouren für die anstehenden Titelkämpfe vorbereiten, möchten wir in den kommenden Wochen einige Mitglieder des deutschen Olympiateams näher vorstellen.

Den Anfang macht Cedric Büssing, der sich über die 400m Lagen eines der begehrten Olympiatickets sichern konnte. Dabei sorgte der 20-Jährige zugleich für Aufsehen, da er in starken 4:12,33 Minuten bis auf 2,5 Zehntelsekunden an den Deutschen Rekord von Jacob Heidtmann heran schwamm und seine bisherige Bestzeit um mehr als zwei Sekunden verbesserte. Ein Underdog ist der mehrfache Deutsche Meister und hochdekorierte Medaillengewinner im internationalen Juniorenbereich aber schon lange nicht mehr. 

Nachdem er sich im jungen Alter zwischen Schwimmen und Fußball entscheiden musste, stand für Cedric Büssing nach dem Abitur eine weitere große Entscheidung bevor - diesmal ging es um den zukünftigen Trainingsstandort. Als einer von acht Schwimmern im deutschen Olympiateam lebt, schwimmt und studiert Cedric Büssing seit mittlerweile drei Jahren in den USA. "Ich wollte schon immer in die USA, vor allem zum reisen", erinnert sich der Student der University of Indianapolis im Interview mit uns. Das Interesse an einem Wechsel in die USA festigte sich nach einem Trainingslager im Jahr 2019 sowie zahlreichen positiven Erfahrungsberichten zum Training und Studium dort. Einige vielversprechende Angebote von verschiedenen Collegeteams folgten und so entschied sich der damals 17-Jährige, den Schritt über den großen Teich zu wagen. Zunächst einmal nur für ein Jahr. "Dann hat es mir so gut gefallen, dass ich jetzt schon drei Jahre da bin", gibt Büssing grinsend zu.  

"Wir versuchen stets, das Team voranzubringen."

Die Unterschiede zum Training in Deutschland liegen dabei insbesondere auf dem Mannschaftsfokus. Schwimmen wird an amerikanischen Unis verstärkt als Teamsport wahrgenommen. "Wir versuchen stets, das Team voranzubringen.", berichtet der mehrfache nationale Collegemeister. Im Training wird sich bei harten Serien gegenseitig viel angefeuert und die gegenseitige Freude bei starken Leistungen ist sehr ausgeprägt. Zudem sei das Training teilweise intensiver, insbesondere in Bezug auf Wenden und Tauchphasen, da überwiegend auf der kurzen Yardbahn trainiert wird. 

Nach erfolgreichen Jahren im Juniorenbereich, waren der Wechsel in die USA und der gleichzeitige Übergang in die offene Klasse für Cedric Büssing aber nicht immer ganz einfach. Bedingt durch die Lebens- und Trainingsumstellung verbesserte der mehrfache JEM-Medaillengewinner seine Bestzeiten im ersten Collegejahr nicht. "2023 hat es dann wieder angefangen, richtig rund zu laufen.", schaut Büssing zurück. Über beide Lagenstrecken durfte er sich über deutliche Zeitsprünge freuen und krönte sich zum Abschluss einer starken Saison eindrucksvoll zum U-23 Europameister über die 400m Lagen. 

"Mir haben so viele gesagt, dass ich es auf jeden Fall drauf habe, diese Zeit zu schwimmen." 

Dieser Aufwärtstrend setzt sich seitdem fort und fand nun mit der erfolgreichen Olympiaqualifikation einen vorläufigen Höhepunkt. Für Cedric Büssing selbst war die gelungene Qualifikation für seine ersten Olympischen Spiele tatsächlich ein wenig überraschend. Das erklärte Ziel war es, im April schnell zu schwimmen, aber selbst mit einer EM-Quali wäre der Lagenspezialist sehr zufrieden gewesen. Im Vorfeld des entscheidenden Wettkampfes in Eindhoven habe er in seinem Umfeld jedoch viel Optimismus wahrgenommen. "Mir haben so viele gesagt, dass ich es auf jeden Fall drauf habe, diese Zeit zu schwimmen.", erzählt Büssing. Dass er zudem so dicht an den Deutschen Rekord seines Idols Jacob Heidtmann heran schwimmen konnte, war für den amtierenden Deutsche Meister das i-Tüpfelchen. In der Woche vor den Deutschen Meisterschaften meldete sich Jacob Heidtmann dann auch noch mit einer Nachricht bei dem jungen Hoffnungsträger. Neben Glückwünschen schrieb der Rekordhalter auch, dass er die Daumen drücke, dass es für die paar Hundertstel zur neuen Bestmarke auch noch reicht. "Das war natürlich schon cool, weil als er den Deutschen Rekord geschwommen ist, war ich erst zwölf, dreizehn vielleicht. Da habe ich natürlich sehr zu ihm hoch geschaut und ihn bewundert. Ich bin ein großer Fan von ihm und jetzt so nah an ihn herangekommen zu sein und dann eine persönliche Nachricht von ihm zu bekommen, war natürlich schon ein Highlight."

Jacob Heidtmann stellte den aktuellen Deutschen Rekord (4:12,08) bei der Schwimm-WM 2015 in Kasan auf.

Am vergangenen Wochenende war Büssing mit einem Teil des deutschen Olympiateams zu Gast in London und setzte sich dort souverän über die 400m Lagen gegenüber der internationalen Konkurrenz durch. In den nächsten Wochen steht dann noch ein Höhentrainingslager in der Türkei an und natürlich jede Menge Training, welches der Student aktuell wieder in der Heimat am Bundesstützpunkt Essen absolviert.

"Wenn es für den Deutschen Rekord reicht, dann bin ich natürlich auch sehr happy." 

Mit Blick auf seine ersten Olympischen Spiele freut sich Cedric Büssing insbesondere darauf "einfach alles zu erleben und am größten Wettkampf der Welt teilzunehmen". Dazu gehört auch, sich andere Sportarten anzuschauen und wenn möglich, bei der Eröffnungsfeier mit dabei zu sein. Für seinen eigenen Start über die 400m Lagen möchte sich der Olympia-Neuling keinen allzu großen Druck machen. "Wenn ich Bestzeit schwimme, bin ich super happy. Wenn es für den Deutschen Rekord reicht, dann bin ich natürlich auch sehr happy. Aber wenn nicht, ist das auch kein Grund enttäuscht zu sein.", lässt Büssing durchblicken. 

Und auch über Paris hinaus, hat der 20-Jährige schon einige zukünftige Ziele im Blick. Nach den Erfolgen im Juniorenbereich sowie der gelungenen Olympiaqualifikation sollen auch die Europa- und Weltmeisterschaften in der offenen Klasse folgen. Deutschlands bester Lagenschwimmer kann sich zudem gut vorstellen, auch die Olympischen Spiele 2028 in Angriff zu nehmen. Vor allem aber möchte Cedric Büssing den Spaß am Schwimmen beibehalten.