(15.09.2023| Bild: Hylo Sports) Andreas Waschburger hat es geschafft. Der Freiwasserschwimmer aus dem Saarland ist durch den Ärmelkanal geschwommen. In neuer Rekordzeit. Gerade einmal sechs Stunden, 45 Minuten und 25 Sekunden benötigt der 36-Jährige, um von Dover nach Calais zu kraulen. Zehn Minuten weniger als die bisherige Rekordmarke. Das Smartphone des Kommissars steht seit vergangener Woche nicht mehr still.

Jasmin Alt fährt durch die Häuserschluchten Saarbrückens. Auf dem Beifahrersitz plaudert ihr Verlobter Andreas Waschburger über sein vielleicht größtes Abenteuer. Es ist gerade einmal eine Woche her, dass „Waschi“ geschafft hat, was viele versucht haben und doch gescheitert sind. Mehr als 32 Kilometer lang krault der Polizist der Sportfördergruppe durch den Ärmelkanal. Auf den Spuren von Matthew Webb. Der britische Kapitän war der Erste, der 1875 die Meerenge durchschwamm. 22 Stunden braucht der Seemann seinerzeit, Andreas Waschburger nicht einmal ein Drittel der Zeit.

„Ich kann es immer noch nicht so ganz glauben“, erzählt der Sportler zufrieden. Dabei stand der Erfolg auf der Kippe. Schon im August unternimmt der gebürtige Saarbrücker seinen ersten Versuch. Doch das Wetter spielt nicht mit. „Zu hohe Wellen, zu viel Wind, heftige Strömungen“, erinnert sich „Waschi.“ Zwei Wochen später der Anruf vom erfahrenen Skipper der „Gallivant“, Michael Oram: „Am Wochenende sollte alles passen.“ Andreas Waschburger zögert nicht. Er informiert seine Lebensgefährtin Jasmin, Trainer Jan Wolfgarten, Videomann Rouven Christ und seinen Hauptsponsor Hylo Sports.

8. September: Der Ärmelkanal liegt früh morgens friedlich vor dem Extremschwimmer. Alles ist vorbereitet. 12.000 Kilometer Wassertraining liegen hinter Waschburger. Akribisch hat Trainer Jan Wolfgarten seinen Schützling eingestellt. Die längste Einheit im Becken umfasst 30 Kilometer. Gut sechs Stunden lang Kacheln zählen. Nach dem Motto: „Zum Fleiß gesellt sich auch das Glück.“

Einen Moment hält der Olympia-Achte von London inne. Ein letzter Gedanke  an seine kürzlich verstorbene Mutter. „Ihr habe ich so viel zu verdanken.“ Dann schwimmt „Waschi“ los. Es ist sein Rennen. Sein Tempo. Die Strömungen im Ärmelkanal seien tückisch, warnt Waschburgers Mentor Christoph Wandratsch. Der Bayer hat den Saarländer zu dieser Challenge animiert. „Wenn jemand den gut zehn Jahre alten Rekord des Australiers Trent Grimsey brechen kann, dann Andreas.“

Das Begleitboot tuckert neben Waschburger über den Atlantik. Mit dabei Wettkampfrichter der Channel Swimming & Piloting Federation. Sie überwachen die Einhaltung des strengen Regelwerks. Nach rund zehn Kilometern zeigen alle Daumen nach oben. „Waschi“ ist auf Kurs. Drei Minuten schneller als Grimsey im Jahr 2012.

Im Ärmelkanal sind ziemlich große Pötte unterwegs, mit unglaublicher Wasserverdrängung und heftiger Sogwirkung. „Der bin ich so gut es ging ausgewichen“, erinnert sich Waschburger. Das verschlingt immense Energiemengen, die „ich mir ausschließlich mit hochkalorischer und flüssiger Kohlenhydrat-Nahrung zurückgeholt habe.“ Nicht lecker, aber wirksam.

Begegnungen der dritten Art hat Waschburger nicht. Keine großen Fische, keine Seeungeheuer, keine Plastikstrudel. Mehr als zwei Drittel der Strecke liegen hinter dem Polizisten, etwa acht Kilometer vor ihm. Waschburger arbeitet hart. Gegen die Strömung. Der Vorsprung schmilzt dahin. Nur noch zwei Minuten schneller als Grimsey. Doch Skipper Michael Oram lächelt verschmitzt. „Gleich gibt es wieder Tempo von hinten.“ Waschi im Vollwaschgang. Laut Trainer Wolfgarten hat der Schwimmer jetzt Speed, „mit dem er sogar den besten 1.500m-Kraulern im Becken wie Florian Wellbrock und Co die Show stehlen würde.“ Aufatmen.

Das Zeitpolster wächst auf zehn Minuten. Nach sechs Stunden, 45 Minuten und 25 Sekunden erreicht Waschburger das französische Festland. Erschöpft und etwas wackelig auf den Beinen, aber überglücklich. Die Nachricht vom Erfolg verbreitet sich rasch. Botschaften fluten das Smartphone. „Es waren sicher mehr als 1.000.“ Jetzt macht Waschburger erst einmal Pause. Über Angebote, die Seven Ocean-Tour in Angriff zu nehmen, will der Kommissar noch nicht entscheiden. Zunächst genießt er seinen Erfolg. „Dann schauen wir weiter.“

Andreas Waschburger – ist seit mehr als 18 Jahren Freiwasserschwimmer und geboren 1987 in Saarbrücken. Bei Olympia 2012 belegt der den achten Platz über zehn Kilometer. Er gewinnt zahlreiche Medaillen bei Weltcups und EM. Er ist Polizeikommissar und gehört der Sportfördergruppe der Saarländischen Polizei an.

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