(12.05.2022) Wer in Hamburg lebt, für den sind steife Brisen und kernig graue Tage nichts Ungewöhnliches. Raue Gewässer gibt es derzeit in der Hansestadt aber nicht nur in Elbe und Alster, sondern auch in der Schwimmhalle des Bundesstützpunktes in Dulsberg. Es herrscht große Ungewissheit. Mal wieder.
Fragezeichen gibt es vor allem mit Blick auf das Trainerteam, dass die Spitzenkader in Hamburg künftig betreuen wird. Veith Sieber, der bisher die Coaches anführte, wird nicht mehr am Bundesstützpunkt am Beckenrand stehen. Der Deutsche Schwimm-Verband und er einigten sich darauf, den unbefristeten Arbeitsvertrag, den Sieber nach langer Hängepartie erst Ende 2020 unterschreiben konnte, zum 30. Juni aufzulösen. Der Trennung vorausgegangen waren monatelange Unstimmigkeiten zwischen Sieber und dem DSV, die dazu beitrugen, dass der 42-Jährige sogar arbeitsunfähig war, wie das Hamburger Abendblatt vor wenigen Tagen berichtete.
Von den sechs Coaches, die noch vor einem Jahr am Schwimm-Bundesstützpunkt in Hamburg tätig waren, ist mit Tobias Müller nur noch einer weiterhin in Dulsberg beschäftigt. Der 32-Jährige gilt als Kandidat für die Nachfolge Siebers, auf die sich bis Anfang der Woche beworben werden konnte. Weniger als einen Monat zuvor (13.04.) hatte der DSV die Stelle neu ausgeschrieben. Solch kurze Bewerbungsfristen haben beim Verband bereits Tradition.
Die Fluktuation im Trainerteam spiegelt die Welle der Abgänge seitens der Aktiven wieder. Mit den Nationalschwimmern Rafael Miroslaw, Julia Mrozinski und Björn Kammann folgten zuletzt mehrere junge schnelle Schwimm-Asse dem Weg in die USA, den zuvor mit Jacob Heidtmann bereits eines der Hamburger Aushängeschilder eingeschlagen hatte. Und auch Hannah Küchler, die im vergangenen Sommer als Einzige den Hamburger Schwimmstützpunkt bei den Olympischen Spielen vertrat, wird mit Beginn der neuen Saison in die USA wechseln.
„Wenn es so viele Abgänge auf einmal gibt, muss man sicherlich hinterfragen, welche Gründe es für diese Entwicklung gibt und wie man den Stützpunkt dort zukünftig wieder stark aufstellen kann“, zitiert das Hamburger Abendblatt dazu DSV-Sportdirektor Christian Hansmann. Er sehe den Neuanfang in Hamburg als Chance. "Es gilt nun für uns und unsere Partner, eine Entwicklung anzustoßen, die Hamburg in den kommenden Jahren den Status als Bundesstützpunkt sichert."
Dieser wackelt schon seit Längerem. Die Diskussion über den bis 2024 laufenden Stützpunktstatus wurde in den vergangenen Jahren zusehends auch öffentlich geführt und dürfte ihren Anteil an den Gründen für die Entwicklung haben, die Hansmann hinterfragt. Nach den Olympischen Spielen 2016 in Rio schwebte die Aberkennung irgendwann wie ein Damoklesschwert immer näher kommend über dem Stützpunkt. Nicht verwunderlich also, dass Trainer und Athleten da irgendwann ihre Köpfe davon zogen.
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Tipp: Auch in den Folgen des "Swimcasts" wurde sich zuletzt immer wieder den Geschehnissen am BSP Hamburg gewidmet. HIER könnt ihr reinhören!