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04. Februar 2022

(04.02.2022) Der europäische Schwimmverband LEN steht vor einem Führungswechsel. Auf einem außerordentlichen Verbandstag in Frankfurt soll am Wochenende ein neues Präsidium gewählt werden. Auch der Präsident des Deutschen Schwimm-Verbandes, Marco Troll, kandidiert für einen der Posten als Vizepräsident im höchsten LEN-Gremium.

Mit der Wahl will eine sich "Europe 4 All Aquatics" (E4AA) nennende Gruppe von Vertretern der Nationalverbände den bisherigen LEN-Vorstand um Präsident Paolo Barelli ablösen.

Der Italiener soll in einen Finanzskandal beim europäischen Verband verwickelt sein. Es geht unter anderem um dubiose Zahlungen, die über Jahre hinweg an Firmen flossen, von denen zum Teil nicht einmal die höchsten Führungskreise der LEN etwas gehört hatten. Laut im Mai 2020 veröffentlichter gemeinsamer Recherchen der FAZ sowie der englischen "Sunday Times", des australischen "Daily Telegraph" und des Schwimmportals "State of Swimming" soll auch LEN-Präsident Barelli bei mindestens einer der Firmen involviert sein.

Den Verbandstag am Samstag hatten mehrere Nationalverbände im Herbst des vergangenen Jahres mit einem Misstrauensvotum gegen die bisherige LEN-Führung erzwungen. Eigenen Angaben zufolge hat die E4AA-Gruppe nun bereits mindestens 40 der insgesamt 52 LEN-Mitgliedsverbände auf ihrer Seite. Marco Troll, der neben dem Deutschen Schwimm-Verband auch dem Badischen Schwimmverband als Präsident vorsteht, war von Beginn an eng involviert. Er brachte beim LEN-Kongress im Herbst einen der Anträge ein, die eine geheime Abstimmung über das Misstrauensvotum ermöglichten. 

Nun könnte Troll einer von fünf neuen LEN-Vizepräsidenten werden. Als Kandidat für die Nachfolge Barellis als LEN-Präsident stellt sich der Portugiese António José Silva zur Wahl. Der studierte Sportwissenschaftler ist seit 2013 Präsident des portugiesischen Schwimmverbandes und zudem als Professor bzw. im Rektorat an der Universität Trás-os-Montes und Alto Douro (UTAD) tätig. Sein Wirken an der UTAD geriet nun kurz vor der LEN-Wahl ebenfalls in den Fokus, da es hier vor einigen Jahren zu finanziellen Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit den Studiengebühren ausländischer Studierender gekommen sein soll. Silva selbst erklärte in einem Schreiben an seine Mitstreiter, davon keinen eigenen Vorteil davongetragen zu haben. Weitere Hintergründe dazu gibt es bei unserem Kollegen von State of Swimming

In einem über die sozialen Medien veröffentlichten Statement zu seiner Kandidatur ließ Silva wissen, er wolle dem Verband zu mehr "Demokratie, Integrität und Transparenz" verhelfen. DSV-Präsident Toll lobte kurz vor dem Verbandstag, Silva habe durch seine Art mit Menschen umzugehen, trotz der vielen verschiedene Denkweisen bei den E4AA-Unterstützern zum einen Geschlossenheit und zum anderen eine Vertrauensbasis geschaffen. Am Samstag entscheidet sich, ob Silva, Troll und ihre Mitstreiter tatsächlich in Zukunft die Geschicke des europäischen Schwimmsports lenken werden.