(29.01.2022) Die Auseinandersetzung zwischen dem Deutschen Schwimm-Verband und dessen einstigem Sportdirektor Thomas Kurschilgen geht in die nächste Runde. Nachdem in einer Güteverhandlung vor dem Landgericht Kassel am Donnerstag keine Einigung zwischen beiden Parteien erzielt werden konnte, muss nun möglicherweise das Gericht entscheiden, ob Kurschilgen im zurückliegenden Jahr zu Unrecht vom DSV entlassen wurde.

"Mein Ruf muss wiederhergestellt werden", erklärte Kurschilgen laut Süddeutscher Zeitung und tagesschau. "Dafür brauche ich ein Urteil, wann immer das kommt." Ein Vergleichsangebot des Verbandes lehnte der 62-Jährige ab. 

Der DSV hatte sich im März 2021 von Kurschilgen getrennt. Im Rahmen der Verhandlung wurde das erstmals offiziell bestätigt und die Gründe dafür benannt. So warf der DSV seinem ehemaligen Sportdirektor Pflichtverletzungen im Fall des früheren Freiwasser-Bundestrainers Stefan Lurz vor, gegen den im Rahmen eines Verfahrens wegen des sexuellen Missbrauchs Schutzbefohlener im November ein Strafbefehl beantragt wurde. Kurschilgen habe hier unzureichende Maßnahmen eingeleitet. Diese vermeintliche Pflichtverletzung wies er im Rahmen der Verhandlung zurück und belegte das mit E-Mails, aus denen hervorging, dass sowohl der Beauftragte für das Thema sexualisierter Gewalt als auch der DSV-Vorstand eingebunden wurden.

Darüber hinaus erklärte der DSV, Kurschilgen habe für die Trainerstelle von Norbert Warnatzsch am Bundesstützpunkt Magdeburg Fördermittel beantragt, die gar nicht hätten beantragt werden dürfen, da Warnatzsch zu DDR-Zeiten im Rang eines Majors Teil der Staatssicherheit war. Der Coach, der einst Britta Steffen und Franziska van Almsick betreute, hatte aus diesem Umstand nie ein Geheimnis gemacht. Da Warnatzsch damals für den der Staatssicherheit unterstellten Club Dynamo Berlin tätig war, erhielt er automatisch auch einen Rang in der Stasi-Hierarchie. Dem für die Fördermittel zuständigen Bundesinnenministerium ist dies seit Jahrzehnten bekannt, ebenso dem DOSB, der den 75-Jährigen mehrfach in den Trainerstab bei Olympischen Spielen berief. Seit Anfang 2019 steht Warnatzsch als Trainer in Magdeburg am Beckenrand. Auch in diesem Fall stritt Thomas Kurschilgen ab, falsch vorgegangen zu sein. 

Das Verfahren geht nun weiter. Sollten der DSV und Kurschilgen auch weiterhin keine Einigung erzielen, entscheidet am Ende das Gericht. Der Deutsche Schwimm-Verband schlug als Vergleichsangebot eine einvernehmliche Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses von Kurschilgen zum Juni 2021 vor, womit diesem noch drei Monatsgehälter zustehen würden. Kurschilgen, der beim DSV ursprünglich einen Vertrag bis Ende 2024 ohne die Möglichkeit auf eine außerordentliche Kündigung hatte, lehnte dies ab. Sollte er Recht bekommen, könnte dem DSV eine Gehaltsfortzahlung von rund 500.000 Euro drohen. Eine Summe, die den Verband vor immense finanzielle Schwierigkeiten stellen könnte. 

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