(20.04.2021) Das deutsche Schwimmteam für die Olympischen Spiele 2021 steht weitgehend fest. Trotzdem begleiten viele Fragen die Vorbereitung auf Tokio, geprägt vor allem von der Corona-Pandemie. Erstmals hat sich nun Bundesregierung zu der Möglichkeit geäußert, den Teilnehmer an den Spielen eine Impfung gegen das Coronavirus zu ermöglichen.
„Die Olympioniken sollen rechtzeitig vor den Olympischen Spielen geimpft werden“, sagte der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Steve Alter, am Montag dazu der Deutschen Presse-Agentur (dpa). "Im Moment gehen wir davon aus, dass wir das im Rahmen des Impf-Fortschritts gewährleisten können."
In den vergangenen Wochen wurde immer wieder angeregt, die Teilnehmer der Olympischen und Paralympischen Spiele bei den Impfungen zu priorisieren. Ob die Athleten ihre Impfungen nun dadurch erhalten sollen, dass sie in der Impfreihenfolge nach vorn gezogen werden, oder weil sie bis zu Beginn der Spiele im Juli ohnehin an der Reihe wären, ließ der Ministeriumssprecher offen.
Da dem deutschen Team im Sommer insgesamt rund 800 Teilnehmer, Betreuer und Funktionäre angehören sollen, sprachen sich auch die Verantwortlichen des Deutschen Olympischen Sportbundes dafür aus, dass den Teammitgliedern ein freiwilliges Impfangebot gemacht wird. Dann könne man „guten Gewissens die Mannschaft nach Tokio entsenden“, wie DOSB-Präsident Alfons Hörmann es ausdrückte. Er freute sich nun dementsprechend über die Aussagen aus dem Innenministerium "Jetzt kommt es darauf an, gemeinsam mit allen für die Umsetzung verantwortlichen Stellen in Bund und Ländern die Impfungen in den nächsten Wochen verantwortungsvoll und professionell umzusetzen."
Viel Zeit bleibt tatsächlich nicht: Die Eröffnungsfeier der Spiele findet am 23. Juli statt, die Schwimmwettbewerbe beginnen direkt am darauf folgenden Tag. Der Großteil des deutschen Schwimmteams wird sich bereits zwei Wochen vorher ab dem 9. Juli im japanischen Kumamoto auf Olympia vorbereiten - so war zumindest der Stand vor Beginn der Qualifikationsphase. Damit die Athleten voll immunisiert in den Flieger steigen, müssen je nach Impfstoff bis zu zwei Dosen mit zeitlichem Abstand von mehreren Wochen verabreicht werden. Nach der zweiten Dosis dauert es noch einmal 7 bis 14 Tage, bis der volle Impfschutz erreicht ist. Um auf der sicheren Seite zu sein, müsste man daher bereits Ende Mai oder spätestens Anfang Juni mit der Impfkampagne für die Olympiateilnehmer beginnen.
Angesichts dieses engen Zeitplans stellt sich auch die Frage, welchen Einfluss die Impfungen auf die Leistungen im Becken haben könnten. Die Verabreichung eines Impfstoffs - egal ob gegen Corona, Tetanus oder Masern - sorgt im Körper für eine Immunreaktion. Bei manchen Menschen äußert sich das durch vorübergehendes Fieber oder Abgeschlagenheit, andere wiederum zeigen gar keine Symptome, auch bei ihnen arbeitet es aber im Körper. Das ist so gewollt und auch gut so - dieses Prinzip hat in den zurückliegenden Jahrzehnten dazu beigetragen zuvor verheerende Krankheiten wie Polio in den Griff zu bekommen.
Doch bei Spitzensportlern, deren Immunsystem ohnehin stark beansprucht wird, kann die gewollte Abwehrreaktion des Körpers zumindest vorübergehend auch die Leistungen und so die wichtige Trainingsphase in den beiden Monaten vor den Olympischen Spielen beeinflussen. Das sollte man später bei der Bewertung einzelner Leistungen im Hinterkopf haben. Auch andere Nationen wie die USA, Ungarn, Belgien, China oder auch Neuseeland haben angekündigt, ihren Sportlern vor Beginn der Spiele die Impfung zu ermöglichen bzw. sind bereits dabei, dies umzusetzen. In Japan selbst hingegen könnte das anders aussehen. Hier ist überhaupt erst weniger als ein Prozent der Gesamtbevölkerung geimpft worden. Die Bevorzugung der jungen, fitten Athleten gilt in der Öffentlichkeit als unpopulär.
Statistisch gesehen trägt jede einzelne Impfung dazu bei, das Infektionsrisiko für die Sportler und Beteiligten bei den Spielen zu senken. Wenn 11.000 Athleten aus der ganzen Welt zusammenkommen, wird es sich trotz aller Vorsichtsmaßnahmen kaum vermeiden lassen, dass es zu Ansteckungen kommt. Diese wiederum können für Sportler mit Blick auf die Langzeitfolgen deutlich verheerender sein als eine mögliche vorübergehende Leistungsminderung durch die Impfung. Wägt man beides miteinander ab, wird verständlich, dass sich 92 Prozent der deutschen Athleten für die Impfung ausgesprochen haben.