In der kommenden Woche kämpfen die deutschen Schwimmer in Berlin um die WM-Tickets. Die europäische Konkurrenz hat ihre Qualifikations- wettkämpfe bereits hinter sich und die Teams für die Weltmeisterschaften stehen fest. Doch wie würden die Mannschaften aussehen, wenn die Schwimmer aus Russland, Frankreich usw. die für die deutschen Athleten geltenden Normzeiten hätten brechen müssen? Wir haben Europas Top-Schwimmer in der ”Virtuellen Quali” gegen die DSV-Normen antreten lassen.*
Russland, Frankreich, Großbritannien, die Niederlande, Spanien und Italien – Wir haben die Ergebnisse der WM-Qualifikationswettkämpfe dieser Nationen untersucht und statt den Normen der einheimischen Verbände die deutschen Pflichtzeiten für die Teilnahme an den Weltmeisterschaften in Shanghai zugrunde gelegt. Betrachtet wurden nur die Einzeldistanzen und nicht Schwimmer, die nur für Staffeln mitgenommen werden könnten. Unter diesen Bedingungen würden die Teams deutlich kleiner ausfallen. Am besten kämen die Schwimmer aus Frankreich damit zurecht.
Russland – Nur sechs knacken die DSV-Normen:
Bei der Schwimm-Europameisterschaft in Budapest im vergangenen Jahr waren die Schwimmer aus Russland die fleißigsten Medaillensammler. Die einheimischen WM-Normzeiten knackten 14 Athlenen. Doch die Leistungen, die die Athleten aus dem Riesenreich bei ihrer WM-Qualifikation (19. bis 23. April) abriefen, wären nur bei sechs Schwimmern gut genug für die deutschen Normzeiten gewesen. So wäre neben anderen auch der Europameister über die 100m Schmetterling, Evgeny Korotyshkin, in Shanghai nicht dabei. Folgende Athleten waren schneller als die DSV-Normen:
Anastasia Zueva (50m Rücken – 27,99 //100m Rücken – 59,35 // 200m Rücken 2:07.91)
Yuliya Efimova (50m Brust – 30,46 // 100m Brust – 1:07,44 // 200m Brust – 2:24.17)
Veronika Popova (200m Freistil – 1:56,94)
Danila Izotov (200m Freistil – 1:46,14)
Stanislav Donets (100m Rücken – 53,96)
Vitaliy Borisov (100m Rücken – 54,08)
Frankreich – Immerhin ein knappes Dutzend packt es:
Für die Freistil-Asse wie Yannick Agnel, Fred Bousquet und Alain Bernard wären auch die harten deutschen Normen kein Problem. Insgesamt hätten sich bei den französischen Meisterschaften (23. bis 27. März) unter DSV-Bedingungen elf Sportler über 15 Strecken die WM-Tickets gesichert. Bei den Damen sticht Camille Muffat heraus, die es über drei Distanzen geschafft hätte. Anders sieht es zum Beispiel bei Doppel-Europameister Sebastien Rouault aus. Er hätte weder über die 800 noch 1500m Freistil die Norm für Shanghai geknackt.
Frederick Bousquet (50m Freistil – 21,82)
Camille Lacourt (50m Rücken – 24,36 // 100m Rücken 52,44)
Jeremy Stravius (100m Rücken – 53,59)
Alain Bernard (50m Freistil – 21,98)
Benjamin Stasiulis (200m Rücken – 1:57,27)
Fabien Gilot (100m Freistil – 48,34)
William Meynard (100m Freistil – 48,57)
Yannick Agnel (200m Freistil – 1:45,47 // 400m Freistil – 3:43,85)
Camille Muffat (100m Freistil 53,97 // 200m Freistil 1:55,95 // 400m Freistil 4:05,70)
Alexianne Castel (200m Rücken – 2:08,75)
Lara Grangeon (400m Lagen – 4:38,28)
Großbritannien – Keine Titelverteidigung für Weltmeister Tancock
Immerhin acht Athleten aus dem Gastgeberland der Olympischen Spiele 2012 wären unter den vom DSV vorgegebenen Bedingungen bei der WM in Shanghai mit dabei und würden über die Einzelstrecken starten. Weltmeister Liam Tancock jedoch würde die 50m Rücken nicht die Möglichkeit bekommen seinen Titel in Shanghai zu verteidigen – in 24,95 Sekunden verfehlte er bei den britischen Meisterschaften (5. bis 12. März) die deutsche Norm um fünf Hundertstel.
Liam Tancock (100m Rücken 53,44)
James Goddard (200m Lagen 1:58,22 // 200m Rücken 1:57,08)
Michael Jamieson (200m Brust 2:10,42)
Roberto Pavoni (400m Lagen 4:13,37)
Joseph Roebuck (400m Lagen 4:14,02)
Rebecca Adlington (400m Freistil – 4:02,84 // 800m Freistil – 8:20,23)
Ellen Gandy (100m Schmetterling – 57,68 // 200m Schmetterling – 2:06,13)
Jemma Lowe (200m Schmetterling 2:06,94)
Niederlande – Die Sprint-Queens wären dabei
Das Oranje-Team würde unter den DSV-Bedingungen nahezu nur aus den Top-Sprinterinnen bestehen. Bei den Quali-Wettkämpfen in Amsterdam (11. bis 13. März) und Eindhoven (7. bis 10. April) hätten vier der niederländischen Damen und zwei der Herren die WM-Normen geknackt. Für Biedermann-Konkurrent Sebastiaan Verschuren oder Kurzbahn-Europameisterin Moniek Nijhuis wäre der WM-Traum jedoch geplatzt.
Ranomi Kromowidjojo (50m Freistil 24,35 // 50m Schmetterling 25,74 // 100m Freistil 54,00)
Inge Dekker (50m Schmetterling 25,92)
Marleen Veldhuis (50m Freistil 24,54)
Femke Heemskerk (100m Freistil 53,70 // 200m Freistil 1:56,61)
Joeri Verlinden (100m Schmetterling 51,85)
Lennart Stekelenburg (200m Brust 2:11,35)
Spanien und Italien mit Mini-Teams
Regelrechte Mini-Mannschaften würden die Verbände aus Italien und Spanien nach Shanghai schicken. Während die Schwimmer aus dem Stiefelstaat zu dritt wären, würden mit Mireia Belmonte und Alvarez Melquiades nur zwei der Iberer in China um die Medaillen schwimmen. Bei den Italienern dürfte man Namen wie Filippo Magnini oder auch Federico Colbertaldo vermissen. In Spanien wären die Normen unter anderem für den Europameister über die 50m Schmetterling, Rafael Munoz, eine Nummer zu groß gewesen.
Spanien (Quali vom 31. März bis 03. April):
Mireia Belmonte Garcia (200m Schmetterling – 2:06,25 // 200m Lagen – 2:10,26 // 400m Lagen – 4:34,91)
Alvarez Caraballo Melquiades (200m Brust – 2:11,01)
Italien (Quali vom 13. bis 17. April):
Federica Pellegrini (200m Freistil 1:56,98 // 400m Freistl 4:03,49)
Samuel Pizzetti (800m Freistil 7:49,79 // 1500m Freistil 14:56,47)
Man erkennt, dass die europäischen Schwimmer es nicht einfach hätten mit den deutschen Normen. Doch wie sieht es mit den Athleten aus Übersee aus? Im zweiten Teil der “Virtuellen Quali” werden wir die Stars aus Australien, Japan, China, Brasilien und Südafrika gegen die DSV-Normen antreten lassen.
*Die Vergleich dienen nur der Veranschaulichung der Höhe der DSV-Quaifikationhürden. Natürlich muss dabei beachtet werden, dass die Qualifikationen der anderen Nationen zu einem deutlich eheren Saisonzeitpunkt stattfanden. Dies macht die Leistungen nur bedingt vergleichbar. Zudem hatten die Athleten natürlich jeweils zunächst nur die eigenen Normen als Ziel – frei nach dem Motto “Ein gutes Pferd springt nur so hoch, wie es muss.”