(02.08.2018) Elf Tage, sieben Sportarten, mehr als 3.000 Athleten - die European Championships, in deren Rahmen ab morgen auch die Europameisterschaften der Schwimmer ausgetragen werden, sollen mit ihrem neuen Konzept Maßstäbe setzen und für olympisches Flair auf kontinentaler Ebene sorgen. Der Hauptgrund für diese Konzentration des Spitzensports: Zur Mitte des Olympiazyklus, ohne Weltmeisterschaften wird den nun in Glasgow und Berlin vertretenen Sportarten ansonsten eine eher geringe Aufmerksamkeit zu Teil. Mit der europäischen Mini-Olympiade sollen nun die Sportfans europaweit von der Sonnenliege vors TV-Gerät gelockt werden.

Auch die Schwimmer wollen hier natürlich kräftig mitmischen. Für sie stehen vom 3. bis 12. August insgesamt 50 Entscheidungen (43 im Becken, 7 im Freiwasser) auf dem Programm und nicht nur wegen des neuen Championship-Formats werfen die kommenden Olympischen Spiele ihre Schatten voraus.

Die Europameisterschaften in Schottland markieren die Hälfte des Weges von den Olympischen Spiele 2016 in Rio hin zu den kommenden Wettbewerben 2020 in Tokio. Für viele Athleten und Teams ist es die letzte Möglichkeit, nochmal an wichtigen Stellschrauben zu drehen. Bei der WM 2019 dürfte es dafür bereits zu spät sein, zumal hier im Freiwasser (10km) und in den Staffeln bereits ein Großteil der Startplätze für die Olympischen Spiele 2020 vergeben werden.

Auch beim Deutschen Schwimm-Verband ist man sich dessen bewusst. Viele Athleten, die jetzt im deutschen EM-Team stehen, dürften auch zu den Kandidaten für Tokio zählen. Vor allem dank Staffel-Nominierungen bekommen viele von ihnen nun die Chance, weitere oder erste internationale Erfahrungen zu sammeln. „Wir wollen ein Zeichen setzen, es ist ein Aufbruch mit Blick auf 2020“, erklärte Chef-Bundestrainer Henning Lambertz bereits zu Beginn des Jahres. In allen neun Staffelevents sind deutsche Teams am Start, auch in der erstmals zum Programm gehörenden 4x200m Freistil Mixed-Staffel. Ob am Ende auch Medaillen dabei herausspringen, wird stark von den Besetzungen der internationalen Konkurrenten abhängen.

Über die Einzelstrecken hat das deutsche Team in jedem Fall ein paar heiße Eisen im Feuer. Franziska Hentke reist nicht nur als amtierende Vize-Weltmeisterin sondern auch als Titelverteidigerin über die 200m Schmetterling nach Schottland. Bei den Damen muss man Sarah Köhler über die langen Freistilstrecken auf dem Zettel haben und ihr Heidelberger Trainingspartner Philip Heintz geht als Favorit über die 200m Lagen ins Rennen. Auch der Rückenschwimmerin Lisa Graf ist es zuzutrauen, dass sie in Glasgow vorn mitmischt. Hinzu kommen Überraschungskandidaten wie der nachnominierte Ramon Klenz, der sich vor anderthalb Wochen bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin mit seinem nationalen Rekord über die 200m Schmetterling in starker Form präsentierte. 

Doch auch in Europa rückt die Spitze enger zusammen. Junge Talente wie der Ungar Kristof Milak oder der Russe Kliment Kolesnikov machen den gestandenen Routiniers wie Laszlo Cseh das Leben schwer. Über die 1500m Freistil möchte der Magdeburger Florian Wellbrock, der Anfang April mit seinem Deutschen Rekord auch international für ein Achtungszeichen sorgte, den italienischen Olympiasieger und Weltmeister Gregorio Paltrinieri ärgern. Bei den Damen will die erst 18-jährige Italienerin Ilaria Cusinato über die 400m Lagen in die Fußstapfen von Katinka Hosszu treten, die erstmals seit zehn Jahren bei einer EM über diese Strecke fehlen wird.

Hosszu hat ein turbulentes halbes Jahr hinter sich. Die Trennung von Coach/Ehemann Shane Tusup sorgte über die Sportwelt hinaus für Schlagzeilen. In der Vergangenheit gehörte sie zu den Garanten für schnelle Zeiten, bei fast jedem Saisonhöhepunkt lieferte sie einen Weltrekord ab. In welcher Form sie aber in Glasgow an den Start gehen wird, bleibt abzuwarten. Stattdessen könnten mal wieder Sarah Sjöström oder Adam Peaty auf Weltrekordjagd gehen. Der Brite war bereits bei den Commonwealth Games im Frühjahr gut unterwegs, doch machte damals schon deutlich, dass der Höhepunkt für ihn die Europameisterschaften im eigenen Land sein sollen. 

Die Briten wollen bei den Titelkämpfen natürlich besonders glänzen und bringen neben Peaty mit der Dauerbrennerin Hannah Miley, Sprint-Weltmeister Ben Proud, dem 2015er WM-Sieger James Guy oder auch Zukunftshoffnung Duncan Scott ein paar heiße Kandidaten auf Edelmetall an den Start. Vielleicht können gerade sie dafür sorgen, dass die Europameisterschaften nicht nur dank ihrer Größe sondern auch durch sportliche Höchstleistungen einen kleinen Vorgeschmack auf Tokio 2020 geben.

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