(25.07.2012) In den vergangenen beiden Tagen haben wir bereits Britta Steffens und Paul Biedermanns Chancen bei den Olympischen Spielen unter die Lupe genommen. Im dritten Teil unseres Ausblicks auf London schauen wir, was die weiteren DSV-Athleten über die Einzelstrecken zu leisten im Stande sein könnten. Neben dem deutschen Schwimm-Traumpaar hat das DSV-Team den ein oder anderen weiteren Medaillenkandidaten in seinen Reihen.

Auch Lutz Buschkow sieht weitere Anwärter auf einen Podestplatz bei den Olympischen Spielen in London. "Christian vom Lehn als WM-Dritter ist ebenfalls ein Kandidat für Edelmetall und auf Jan-Philip Glania darf man sehr gespannt sein", erklärte der DSV-Sportdirektor zuletzt. Tatsächlich zählen unter anderem diese beiden zu dem insgesamt recht überschaulichen Kreis an DSV-Schwimmern, die bei den Spielen in London für eine Überraschungsmedaille in Frage kommen könnten. Die Hoffnungen ruhen insgesamt auf einer Handvoll Athleten - inklusive Biedermann und Steffen.

Vom Lehn und Koch hoffen auf Olympiamedaille über 200m Brust

Ganz oben auf der Liste der Überraschungskandidaten im deutschen Team stehen die Brustschwimmer Marco Koch und Christian vom Lehn. Vor allem Koch konnte sich in diesem Jahr bereits in starker Form präsentieren und liegt in der Weltrangliste mit seiner Zeit von 2:08,74 Minuten an vierter Stelle. Im vergangenen Jahr verpasste der Darmstädter die Qualifikation für die Weltmeisterschaften in Shanghai. Die Zeit nutzte Koch für die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele und schon im Herbst folgten die ersten Erfolge. Koch wurde dritter im Gesamt-Weltcup auf der Kurzbahn. Damit meldete er auch wieder Anspruch auf seinen Rang als bester deutscher Schwimmer über die 200m Brust an. Diesen hatte ihm Youngster vom Lehn bei der WM abgenommen, als sich der 20-Jährige die Bronzemedaille holen konnte. Zuvor hatte er bei den Deutschen Meisterschaften in 2:08,97 Minuten bereits unter Beweis gestellt, dass er die Marke von 2:09 Minuten knacken und in die Weltspitze vorstoßen kann.

Kitajima und Gyurta kämpfen um Goldmedaille

Ziel von vom Lehn ist es, in London klare Bestzeit zu schwimmen. Dies wird für ihn und Koch auch notwendig sein, um im Rennen um die Medaillen eine Rolle zu spielen. Favorit über die 200m Brust ist Kosuke Kitajima aus Japan, der sich das dritte Olympiagold in Folge über diese Strecke holen könnte. Er scheint pünktlich zu den Spielen wieder in Bestform zu sein und kratzte in diesem Jahr bereits an einer 2:07er Zeit. Diese wird man schwimmen müssen, um in London auf dem Treppchen zu landen. Koch und vom Lehn ist eine solche Leistung durchaus zuzutrauen, doch neben den beiden DSV-Assen dürfte auch eine handvoll weiterer Athleten in der Lage dazu sein, in diesen Bereich zu schwimmen. Auf dem Papier ist Kitajimas Landsmann Ryo Tateishi erster Verfolger des Superstars. Er liegt in 2:08,17 Minuten an zweiter Stelle der Weltrangliste. In den vergangenen Jahren hatten die japanischen Brustschwimmer neben Kitajima immer wieder heiße Eisen im Feuer, die jedoch oft beim Saisonhöhepunkt ihre Leistung nicht abrufen konnten. Davon könnte unter anderem Dániel Gyurta aus Ungarn profitieren. Der zweifache Weltmeister schwamm bereits bei den Olympischen Spielen 2004 als erst 15-Jähriger auf das Podium und hat in den vergangenen vier Jahren jedes EM- oder WM-Finale für sich entschieden. Gyurta, Kitajima und Tateishi sind die Top-Favoriten auf die Medaillen, doch sollte einer von ihnen schwächeln, steht auf der Jagd nach Edelmetall bereits ein halbes Dutzend Athleten in den Startlöchern. Neben den beiden DSV-Assen dürften Comeback-Star Brendan Hansen aus den USA, der australische Vize-Weltmeister Brenton Rickard sowie die beiden Briten Andrew Willis und Michael Jamieson zu beachten sein.

Newcomer Glania muss auf Patzer der Superstars hoffen

Neben den beiden Brustspezialisten liegen die Überraschungshoffnungen auf Newcomer Jan-Philip Glania. Der 23-Jährige ist auf internationalem Parkett bisher ein unbeschriebenes Blatt, konnte jedoch bei den Deutschen Meisterschaften mit nationalem Rekord über die 200m Rücken für einen Paukenschlag sorgen. In der Weltrangliste liegt er mit seiner Zeit von 1:55,87 Minuten an fünfter Stelle. Doch damit es in London mit einem Podestplatz klappt, muss er diese Leistung nicht nur deutlich steigern, sondern auch auf einen Patzer der internationalen Konkurrenten hoffen. Den Kampf um Gold scheinen US-Superstar Ryan Lochte und der japanische Vize-Weltmeister Ryosuke Irie unter sich auszumachen. Beide dominierten in den vergangenen Jahren diese Strecke. Dahinter dürfte Lochtes Team-Kollege Tyler Clary Bronze gebucht zu haben. Nur wenn einer von ihnen schwächelt, ist die Tür offen für Athleten wie Glania.

Damen wohl chancenlos im Kampf um die Medaillen

Bei den Damen stehen die Chancen weitaus schlechter. Eine richtige Medaillenkandidatin will sich hier einfach nicht finden. Auch die beiden Brustschwimmerinnen Caroline Ruhnau und Sarah Poewe müssten sich schon mächtig steigern, um in die Nähe des Podiums zu kommen. Ein Finalplatz dürfte hier realistisch sein, alles was darüber hinausgeht, wäre mehr noch als eine faustdicke Überraschung. Selbst für die zweifache Vize-Europameisterin Silke Lippok sieht es nicht besser aus. In dem engen Feld über ihre Paradestrecke 200m Freistil muss sie bereits alles in die Waagschale werfen, um den Finaleinzug klar zu machen. Eine weitere Kandidatin für einen Teilnahme an den Endläufen in London ist Jenny Mensing, die über die 100 und 200m Rücken die Chance auf einen Platz unter den besten Acht hat. Für den Rest der deutschen Damen dürfte es sehr schwer werden, überhaupt in eines der Finals einzuziehen.

Etwa sechs weitere Finalkandidaten bei den Herren

Bei den Herren dürften dieses Ziel neben den Medaillenkandidaten für etwa sechs bis sieben weitere Athleten im Bereich des Machbaren liegen. Die Lagenspezialisten Markus Deibler und Philip Heintz befinden sich in einem sehr engen Feld hinter den Superstars Ryan Lochte, Michael Phelps und deren Dauerrivalen Laszlo Cseh aus Ungarn. Sollte einer dieser drei schwächeln winkt vielleicht sogar hier eine weitere Medaillenchance. Zumindest der Endlauf sollte jedoch für sie das Ziel sein. Kämpfen müssen Routinier Helge Meeuw über die 100m Rücken oder Benjamin Starke und Steffen Deibler über die 100m Schmetterling, um einen Platz unter den ersten Acht zu bekommen. In der Bringschuld ist zudem Marco di Carli, dem über die 100m Freistil trotz verpasster Norm ein Einzelstart gewährt wurde und der dieses Vertrauen nun mit einer Topleistung zurückzahlen muss.

Somit hat das deutsche Team mit Britta Steffen, Paul Biedermann, Marco Koch, Christian vom Lehn, Jan-Philip Glania und möglicherweise einem der Lagenschwimmer maximal ein halbes Dutzend an Athleten, die über die Einzelstrecken für Medaillen sorgen könnten. Doch dazu müssen alle gegen die an der Spitze extrem dichte internationale Konkurrenz ihr volles Potential abrufen. Auch die Staffeln werden im Kampf um einen Podestplatz ein Wörtchen mitreden wollen. Wie die Chancen der DSV-Quartette stehen, werden wir im morgigen Teil unseres Olympia-Ausblicks betrachten.

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