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(30.04.2019 - Kommentar ) Am Wochenende war es endlich soweit: Die vom Schwimmweltverband FINA als großes Spektakel der internationalen Superstars angekündigte "Champions Swim Series" hat begonnen. Die besten Schwimmer der Welt sollen hier in einem kurzen und knackigen Format aufeinander treffen und für fulminante Duelle sorgen. Statt langer Vorlaufselektion gibt es nur "Finals". Vier Athleten - ausgewählt und eingeladen von der FINA - schwimmen gegeneinander um satte Prämien. Mehrere Millionen stehen als Preisgelder bereit. Eine durchaus interessante Grundidee, die jedoch direkt bei ihrer Premiere schonungslos die Grenzen des Formats aufzeigte.

Denn wer die beiden etwa zweistündigen Abschnitte des Auftaktmeetings im chinesischen Guangzhou am Samstag und Sonntag verfolgt hat, der bekam nicht wirklich das Gefühl, hier etwas bahnbrechend Neues oder gar das angekündigte "Spektakel" zu verfolgen. Stattdessen hat der Weltverband die Elemente, die wir schon von Weltmeisterschaften oder der Weltcup-Serie kennen, einfach in nahezu identischer Weise aneinander gereiht und dem Kind einen neuen Namen gegeben.

Im Grunde glich das Ganze dem letzten Tag einer Weltmeisterschaft, an dem nur noch Finals auf dem Programm stehen. Eine Entscheidung nach der anderen, die Athleten marschieren ein, schwimmen, und weiter geht's zur nächsten Runde. Dass dabei statt den gewohnten acht nur vier Schwimmer gegeneinander antraten, verpasste den Rennen durchaus einen gewissen Reiz. Dieser reichte aber nicht, um der gesamten gewohnten Show einen frischen Glanz zu verleihen. Stattdessen wurden Elemente eingepflegt, die bei einer WM zwar ganz nett sind, aber meist dort schon mehr gewollt als gelungen rüberkommen.

So wurde für den Wettkampf in Guangzhou sogar eine eigene Eröffnungsfeier inszeniert. Zu sehen gab es unter anderem eine zehnminütige Ballettshow. Die Story über junges Mädchen, dass trotz Angst vor dem Wasser das Schwimmen lernt, war zwar durchaus süß anzuschauen, aber mit dem Thema des Events - Schwimmsport auf höchstem Niveau - hatte es doch recht wenig zu tun und zeigte stattdessen mal wieder das fehlende Feingefühl der Funktionäre, wenn es um die Präsentation des Sports geht. Gleiches galt für die weiteren, lieblos aneinandergefügten Inhalte der Eröffnungsshow. Auch auf die obligatorischen Vorstellungen von Funktionären und Ehrengästen, die am Wochenende mit pompöser Musik präsentiert wurden, hätte man im Sinne der Zuschauer durchaus mal verzichten können. 

Während diese Belanglosigkeiten im Programm der Champions Serie ihren Platz fanden, fehlte ein wichtiges Element, dass bei Weltmeisterschaften entscheidend ist: Dramaturgie! Eine Weltmeisterschaft lebt nicht nur davon, dass die besten Schwimmer des Globus gegeneinander antreten, sondern zum einen davon, dass es um handfeste, hart umkämpfte Titel geht und zum anderen davon, dass sich innerhalb der gesamte Wettkampfwoche zahllose faszinierende Stories ergeben. Sei es der Champion, der sich dem Underdog geschlagen geben muss, dann aber ein paar Tage später zurückkommt. Oder die große Goldjägerin, die ausgepowert vom letzten Finale gerade so das nächste Halbfinale übersteht, um dann im Endlauf am nächsten Tag einen weiteren Titel einzufahren. Oder der sympathische Youngster, der vielleicht nicht auf dem Podium landet, aber im Finale gegen die Großen der Zunft eine tolle Show abliefert.

Vieles davon kann es von Haus aus bei der Champions Serie schon nicht geben. Es geht nicht um Titel, sondern bestenfalls um Prämien. Diese seien den Athleten, die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten bestenfalls Krümel vom großen Kuchen abbekommen haben, auch gegönnt. Aber für ein Spannungsmoment auf Seiten der Zuschauer sorgen sie nicht. Und Underdogs gibt es bei der Champions Serie schon dem Titel nach nicht, denn wie schon gesagt: Die FINA lädt ein und bestimmt, wer über welche Strecke starten darf.

Auch hierin verbirgt sich eine dicke Schwachstelle im Konzept. Der Traum der FINA war es, den Weltmeister, Olympiasieger, Weltrekordhalter und Weltjahresbesten einer Strecke gegeneinander antreten zu lassen. Klingt in der Theorie durchaus recht spannend, ist in der Praxis aber unmöglich, da es sich hier oft um ein und dieselbe Person handelt bzw. viele der genannten Titelträger ihre Karrieren schon beendet haben. Also hat man den Kreis ausgeweitet auf die Medaillengewinner der letzten Olympischen Spiele und Weltmeisterschaften. Als es der FINA dann immer noch nicht gelang, für alle Meetings auf allen Strecken jeweils vier Athleten zu finden, die trotz der Prämien in Höhe von insgesamt mehr als drei Millionen US-Dollar mitmachen wollen, hat man die Weltrangliste des vergangenen Jahres von oben nach unten abgeklappert. 

Aber auch damit scheint man das Teilnehmerfeld noch nicht gefüllt zu haben. Beim Auftaktmeeting in China wurden verbleibende Lücken anscheinend einfach mit Athleten besetzt, die sowieso über andere Strecken gemeldet waren. So gewann Katinka Hosszu zwar etwas überraschend die 400m Freistil (die man aus unerfindlichen Gründen übrigens jeweils direkt an den Beginn der Abschnitte gesetzt hatte). Aber warum gerade Hosszu hier überhaupt antreten durfte, ist absolut unklar. Weder bei Weltmeisterschaften noch Olympischen Spielen war sie jemals über die 400m Freistil am Start und in der Weltrangliste 2018 ist sie nicht einmal unter den Top 40 zu finden. Diese mangelnde Transparenz bei der Athletenauswahl ist äußerst kritisch, denn wie gesagt: Für den Zuschauer mag es nicht allzu erheblich sein, aber für die Athleten geht es um bares Geld und damit ihre Existenzgrundlage. Da wäre es schon praktisch zu wissen, wie man sich eigentlich für die Champions Serie qualifizieren kann, um eine Chance auf die dicken Preistöpfe zu haben.

Der sehr enge Kreis an Teilnehmern führt letztlich auch dazu, dass der Reiz, die besten der Welt gegeneinander schwimmen zu sehen, mit zunehmender Länge des Events stark abstumpft. Wenn die Athleten nur von einem Rennen zum nächsten hetzen, ist verständlich, dass sie nicht bei jedem Start Spitzenleistungen abliefern können. Auch die Verteilung der Prämien ist hier wenig hilfreich. Wenn es allein für die Teilnahme am Rennen schon 5.000 US-Dollar gibt (Platz 1: 10.000, 2.: 8.000, 3.: 6.000), dann besteht die Motivation nicht darin, möglichst starke Zeiten zu erzielen, sondern einfach möglichst viele Rennen zu bestreiten. Der US-Youngster Michael Andrew konnte am Wochenende so zum Beispiel stolze 44.000 Dollar verdienen, beendete aber die Hälfte seiner Rennen auf dem letzten Platz - unter anderem mit einer doch auf diesem Niveau eher unterdurchschnittlichen Leistung von 2:04,26 Minuten über die 200m Lagen.

In vielen weiteren kleinen Details wurde deutlich, dass es sich bei der Champions Serie um einen fix zusammengeschusterten Schnellschuss und kein durchdachtes Konzept handelt. So wurden die Sieger des Abends am ersten Tag zum Ende des Abschnitts in einer kleinen "Parade" geehrt. Am zweiten Tag dann aber wurde jedem Sieger direkt nach dem Rennen eine etwas überdimensionierte Trophäe, ein Blumenstrauß und ein kleines Spielzeugauto in die Hand gedrückt, die sie dann neben der Schwimmbrille und Badekappe irgendwie jonglieren musste, während ihnen ein Moderator belanglose Interviewfragen stellte. Untermalt wurde das Ganze von der schwerfälligen Musik, wie wir sie von WM-Siegerehrungen kennen. Aufgesetzter Pathos statt echter Emotion war an der Tagesordnung. Dass die Finalabschnitte ab und an von Showacts unterbrochen wurden, war dabei nicht mehr als ein gut gemeinter Versuch, die Abschnitte kurzweiliger zu gestalten. Gute Idee mit schlechter Ausführung. Denn weder die Platzierung noch die Qualität oder Auswahl der Künstler fügte sich in einen harmonischen Ablauf ein, sondern bekräftigte eher das Gesamtbild einer möglichst schnell auf die Beine gestellten Veranstaltung.

Das ist im Grunde auch gar nicht verwunderlich. Gerade einmal vier Monate blieben der FINA, nachdem sie erstmals überraschend die Idee der Champions Serie präsentierte, um das ganze Projekt zu verwirklichen. Warum man sich diesem Zeitdruck ausgesetzt hat, kann nur vermutet werden. Vielleicht hing es mit der ebenfalls angekündigten, von der FINA unabhängigen neuen Schwimm-Profiserie "International Swimming League" zusammen, die im Herbst starten soll. Auch hier sollen Top-Athleten gegeneinander schwimmen, im Gegensatz zur Champions Serie wurde aber an die Dramaturgie gedacht: Die Schwimmer starten nicht für sich allein sondern in Teams und sollen so am Ende eine Meistermannschaft ermitteln.

Dass der Teamgedanke für Spannung sorgen kann, hat auch die FINA gemerkt und versucht, ihn irgendwie noch in die Champions Serie hineinzuquetschen. Als Resultat wurden Staffeln geschwommen, die nicht nur nach Geschlechtern sondern auch nach Nationen gemischt waren. Da startete dann die Schwedin Sarah Sjöström mit der Australierin Cate Campbell oder der Brite Ben Proud mit der Niederländerin Ranomi Kromowidjojo. Und erneut: Klingt gut, aber die Umsetzung mutete doch etwas chaotisch an. Zum einen war absolut unklar, auf welcher Basis die Athleten zusammengewürfelt wurden. Zum anderen hatten die Staffeln die imposanten Namen "Team 1" bis "Team 4". Da bekommt natürlich jeder Zuschauer so richtig Lust, seinen Favoriten anzufeuern.

Man muss sich durchaus die Frage stellen: Was bringt diese FINA Champions Swim Serie eigentlich? Bei aller Kritik ist die grundlegende Idee, den Schwimmern mit regelmäßigen Auftritten in den Zwischenräumen von Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen Präsenz zu verschaffen, durchaus ein Schritt in die richtige Richtung. Vor allem, wenn die Top-Athleten dadurch die Möglichkeit haben, sich mit Prämiengeldern auch mal ein paar Jahre über die Karriere hinaus abzusichern. Dafür aber auf Gedeih und Verderb schnell irgendeine Eventserie ohne Anspruch auf Leistung und Emotion aus dem Boden zu stampfen, dürfte nur wenig dazu beitragen, das Schwimmen auch über die Grenzen des eigenen Sports hinaus für Zuschauer interessant zu machen.

Die FINA selbst feierte den Auftakt ihrer neuen Champions Serie natürlich als großen Erfolg. Von einem "wundervollen Wochenende für den Schwimmsport" war da unter anderem die Rede. Doch selbst der nicht gerade als großer Freund von Eigenkritik bekannte FINA-Präsident Julio Maglione muss versteckt in seinen Ausführungen anmerken: "Die Herausforderung der FINA besteht nun darin, die nächsten Stationen der Serie in diesem Jahr und in den kommenden Jahren noch besser zu gestalten, um neue Standards und Werte für unseren Sport und die FINA zu erreichen." Mal schauen, ob den Worten auch Taten folgen. Die erste Chance, es besser zu machen, bietet sich am 11. und 12. Mai in Ungarns Hauptstadt Budapest.

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