Der Start in die Saison war für viele Schwimmclubs mit großen Hoffnungen verbunden. Mit den zunehmenden Lockerungen im Bereich der Corona-Schutzverordnungen wurde es für Vereine wieder möglich, an die Ausrichtung von Wettkämpfen zu denken. Und so langsam standen auch die meisten Schwimmer wieder in einem einigermaßen geregelten Training. Viele sind heiß darauf, in einem ersten Wettkampf ihre Form nach der langen Schwimmpause zu testen. Die Ungewissheit ist jedoch groß, denn keiner weiß, wie es in den nächsten Wochen mit den Wettkämpfen weitergehen wird. Die große Lust auf Wettkämpfe war im Sommer deutschlandweit zu spüren. Der Blick in die Statistik zeigt, dass in den Sommermonaten Juli und August normalerweise eine „Wettkampfflaute“ herrscht. In diesem Jahr waren in Deutschland jedoch deutlich mehr Wettkämpfe angesetzt als noch im Jahr 2019. So gab es im Juli 52 (2019 = 9) und im August 16 Wettkämpfe in Deutschland (2019 = 2). Doch wie ist das so, wenn es endlich wieder losgeht mit den Wettkämpfen? Hier sind ein paar persönliche Eindrücke einer Mutter und Trainerin:


„Mama, ist das alles, was ich für den Wettkampf brauche?“, fragt mich meine Tochter. Sie zeigt mir eine Liste, auf der sie die verschiedenen Gegenstände aufgelistet hat, die sie in ihrem Wettkampfrucksack mitnehmen möchte. Das Packen der Wettkampftasche war früher Gewohnheit und nach so langer Pause ist die Unsicherheit da. Ihr letzter richtiger Wettkampf liegt 19 (!) Monate zurück. Ihr ging es so wie vielen anderen Vereinsschwimmern, die von einen Tag auf den anderen „auf dem Trockenen saßen“ - von mehrmaligem Schwimmtraining pro Woche auf null Mal Schwimmen gebremst. Am Ende war das fast ein ganzes Jahr „ohne Wasser“. Natürlich gab es in den Zeiten des Lockdowns im Rahmen der jeweiligen Möglichkeiten Landtraining, doch wie alle Schwimmer wissen, kann das Landtraining kein Wassergefühl vermitteln.

Ich überfliege die Liste und gebe ihr noch den Tipp die Wettkampfanzüge zu Hause einmal anzuprobieren. In den vergangenen 19 Monaten sind bei ihr einige Zentimeter an Körperlänge hinzugekommen. Wir haben Glück, zwei Anzüge passen noch – gerade genug für zwei Starts pro Tag.  

Als der Wecker am Samstagmorgen bereits um 6 Uhr unseren Schlaf beendet, ist es noch dunkel draußen. Dennoch sind wir sofort hellwach. Zu groß ist die Vorfreude auf den Wettkampf. Auch ich habe als Trainerin unseres jüngsten Wettkampfnachwuchses nach dieser langen Pause wieder meinen ersten Einsatz am Beckenrand eines Wettkampfes.

Bei Sonnenaufgang geht es dann mit dem Auto in Richtung Schwimmbad. Dort angekommen strömen normalerweise alle Teilnehmer möglichst schnell in die Schwimmhalle, um sich die besten Plätze zu sichern. Dieses Mal war alles anders.

Die Vereinsvertreter haben die Aufgabe die Covid-Tests ihrer Schwimmer zu prüfen. Nicht älter als 24 Stunden dürfen diese sein. Erst dann werden alle Vereine einzeln aufgerufen, die Hände desinfiziert und von einem Helfer an ihren Platz in die Halle geführt. Die Maskenpflicht gilt überall in der Schwimmhalle. Bis zum Start müssen die Schwimmer die Maske aufbehalten. Nur während des (Ein-) Schwimmens und am zugewiesenen Vereinsplatz darf diese vorübergehend abgenommen werden. Beim Einschwimmen ist durch die geringere Teilnehmerzahl deutlich weniger los. Es ist im Vergleich zum letzten Wettkampf vor Corona fast leer und für uns Trainer sehr überschaubar. 

Kurze Zeit später ertönt das erste Startsignal. Die Schwimmer werden in ihr Rennen geschickt. Am Beckenrand herrscht gespenstische Stille. Normalerweise stehen Teamkollegen am Beckenrand und feuern ihre Vereinskameraden lautstark an. Doch heute ist ein Anfeuern vom Beckenrand aus nicht erlaubt. Dieser Platz wird jetzt durch die Trainer eingenommen, die erstmalig ohne Sichtprobleme ihre Schwimmer im Wasser verfolgen können. Zurück am Platz feiern die Teams ihre Athleten und freuen sich mit ihnen. Die meisten unterbieten ihre Meldezeiten um viele Sekunden. Doch nicht jeder Schwimmer kehrt freudig an seinen Platz zurück – es kullern vereinzelt leider auch ein paar Tränen. Das Protokoll wird draußen aufgehängt. Bei der Siegerehrung, die am zweiten Tag ebenfalls draußen stattfindet, werden die Medaillen auf einem Tablett gereicht und die Athleten dürfen sich die Medaillen selbst umhängen.

Da bei diesem Wettkampf die jüngeren Jahrgänge an beiden Tagen am Vormittag starten, um die Teilnehmerzahl in der Halle gering zu halten, haben wir den Nachmittag frei. Auch das ist neu für uns und so fahren wir gegen Mittag mit einem großen Lächeln nach Hause.

Was war das schön, endlich mal wieder Wettkampfluft zu schnuppern.


Beim Verfolgen der Wettkämpfe wurde gerade in den schnelleren Läufen deutlich, dass es teilweise sehr große Unterschiede in den Top-Leistungen gab. Dort starteten Schwimmer, die erst seit maximal vier Monaten wieder im Training sind, gemeinsam mit Schwimmern, die teilweise nur eine kurze oder durch ihren Kaderstatus auch gar keine Trainingspause im Wasser hatten. Ob es den Schwimmern gemeinsam mit ihren Trainern gelingen wird, diese unfreiwillige Schwimmpause wieder aufzuholen, das wird die Zeit zeigen. Das verbindende Element für alle Akteure am Beckenrand, sei es Schwimmer, Trainer oder Kampfrichter, ist und bleibt die Liebe zum Schwimmsport. Egal, mit welchen Bedingungen sie in der Vergangenheit konfrontiert worden sind, sie haben sich nicht „unterkriegen“ lassen und das Beste aus der Situation gemacht.

Wir hoffen alle, dass wir die aktuelle Entwicklung der Pandemie mit täglich steigenden Fallzahlen durch Maßnahmen stoppen können, ohne dass der Vereinssport wieder komplett heruntergefahren wird und wir irgendwann auch wieder Wettkämpfe mit Anfeuern und einer richtigen Wettkampfstimmung erleben können. 

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