„Gruppe 1, Abgang halb. Gruppe 2, zehn Sekunden später“, tönt es vom Beckenrand. Viele kennen das, wenn der Trainer mal wieder Anweisungen Richtung Pool ruft und versucht bei 10, 20 oder sogar noch mehr Athleten den Überblick zu behalten. Oft ist das gar nicht so einfach und wenn sich dann noch Rückenschwimmer und Brustspezis über den Haufen schwimmen, dann ist das Chaos perfekt. Schwimmer trainieren meist in Gruppen, doch am Ende des Tages sind wir Individualsportler. Wie kann man da als Trainer den Bedürfnissen des einzelnen Athleten überhaupt gerecht werden? Wir haben uns in der aktuellen Winterausgabe des swimsportMagazine der Frage nach der Individualisierbarkeit im Gruppentraining gewidmet und euch hier einige Punkte zusammengefasst.

Der Schwimmsport wird beinahe weltweit in Trainingsgruppen organisiert. Das hat durchaus seine Gründe. Frei nach dem Motto „geteiltes Leid ist halbes Leid“ kann das Gruppengefüge dabei helfen, harte Einheiten durchzustehen. Das „gegeneinander“ schwimmen im Training, also eine gesunde Konkurrenz mit den Teamkollegen, hilft dabei sich gegenseitig zu neuen Höchstleistungen zu pushen. Hinzu kommen Effizienzgesichtspunkten. Würde jeder Athlet auf ein Einzelcoaching bestehen, bräuchte es eine ganze Armee an Trainern. Zudem gilt: In größeren Gruppen können mehr Schwimmer auf der gleichen Wasserfläche trainieren. Und Bahnenzeiten sind in den meisten Orten nun einmal knapp bemessen.

Das große „Aber“: Jeder Schwimmer hat individuelle Voraussetzungen und Ansprüche. Ist das Programm an den Top-Schwimmern der Gruppe ausgerichtet, kann es die schwächeren überlasten. Umgekehrt können die starken Sportler unterfordert sein, wenn man ihnen nicht genug abverlangt. Wie kann man dies vermeiden? Ein grundlegender erster Schritt: Die Zusammenstellung möglichst homogener Trainingsgruppen, in denen die Unterschiede der einzelnen Athletenbedürfnisse gering gehalten werden. Vermeiden sollte man dabei eine strikte Einteilung nach Alter statt nach Leistungsstärke. So verschärft man das Problem der mangelnden Individualisierung, da damit auch die unterschiedliche körperliche Entwicklung, die Jugendliche während und nach der Pubertät durchlaufen, nicht beachtet wird.

Gerade im Vereinssport wird es sich nun aber nicht immer machen lassen, komplette Trainingsgruppen nach Sprintern, Langstrecklern usw. zusammenzusetzen. Was jedoch möglich ist: Man kann die eigene Trainingsgruppe in mehrere Untergruppen teilen und hier zum Beispiel unterscheiden nach Distanzen (Lang, Mittel, Sprint), nach Schwimmart oder auch nach Leistungsstand. Jede Gruppe bekommt dann ein (teilweise) anderes Programm. Die Gruppen können und sollten im Laufe der Saison durchaus auch gemischt werden, wenn zum Beispiel nicht mehr nach Strecken sondern den bevorstehenden unterschiedlichen Ziel-Wettkämpfen unterteilt wird. Die Differenzierung innerhalb der Gruppe wird dabei immer stärker, je näher wir uns auf den Saisonhöhepunkt zubewegen. Wichtig bei der Einteilung der Untergruppen ist immer das Ziel, welches man als Trainer mit der bevorstehenden Einheit verfolgt.

Ein erster Schritt zu mehr Individualität ist oft auch das bewährte Schwimmen von Haupt- und Nebenlagen. Das dürfte jeder Vereinsschwimmer kennen. Die Belastungsintensitäten für die einzelnen Athleten sind dabei meist gleich, sie schwimmen die vorgegebenen Serien aber jeder in seiner individuellen Hauptschwimmart. Da dafür die Brustschwimmer natürlich andere Abgänge benötigen als die Kraulexperten, ergeben sich automatisch meist auch leicht andere Umfänge oder Pausenzeiten. Dies kann sich durchaus nachteilig auswirken, wenn die Freistil-Asse schon am Beckenrand chillen, während die anderen kaum hinterherkommen. Sinnvoller kann es hier sein, die Hauptserien generell schwimmartspezifischer zu gestalten und die Trainingsgruppe so zumindest für einen Teil der Einheit wie oben beschrieben zu unterteilen. Dabei macht es durchaus Sinn, die Athleten je nach Schwimmart auch auf unterschiedliche Bahnen zu schicken. Generell gilt: Umso mehr Bahnen ein Trainer zur Verfügung hat, umso komplexer und interindividueller kann und sollte die Trainingsplangestaltung sein. Je individueller auf die Bedürfnisse der einzelnen Sportler eingegangen werden soll, desto mehr Aufwand erfordert dies seitens der Trainer. Dieser Punkt ist nicht zu unterschätzen, denn oft arbeiten die Coaches bereits an ihrer Kapazitätsgrenze.

Auch in Trainingsgruppen mit sehr unterschiedlichen Sportlern kann es aber durchaus Sinn machen, bewusst eben nicht individuell sondern gemeinsam trainieren zu lassen. Gerade im Nachwuchsbereich bietet sich das oft an. Eine zu frühe Individualisierung kann hier dazu führen, dass Talente gar nicht erkannt werden und die Athleten selbst überhaupt nicht richtig wissen, was in ihnen steckt. Stattdessen sollte das Training im Jugendbereich möglichst breit und vielfältig angelegt sein. Und: So wichtig die Individualisierung auch ist - ebenso wichtig ist es für die Athleten, immer wieder zu spüren, dass sie nicht allein sind beim Kacheln zählen, sondern auf die Unterstützung ihrer Gruppe bauen können.

Den kompletten Artikel zum Thema Individualisierung im Gruppentraining könnt ihr auf sechs Seiten in der aktuellen Winterausgabe des swimsportMagazine nachlesen. Hier könnt ihr das neue Heft finden:

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